“Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.”

Wer meint, mit diesem Satz beginnt ein Märchen, irrt. Mit diesem Satz beginnen nicht weniger als vier der neun Sozialhilfegesetze in Österreich. Er wird von keinem umgesetzt, insofern ist die Vermutung mit dem Märchen richtig, wie sollte das auch gehen, die wunderbare Brot/Fischvermehrung liegt mehr als 2000 Jahre zurück, aber im Vergleich mit anderen Staaten, auch mit den unmittelbaren Nachbarn (Stichwort Hartz IV), leben wir in Österreich trotzdem auf einer Insel der Seligen.

BEISPIEL WIEN

Sozialhilfe-Richtsätze 2009 
Geldaushilfe (einschließlich Miet- und Heizkostenzuschuss) bei Arbeitsfähigkeit monatlich bis maximal
- Ein-Personen-Haushalt 769 Euro
- Alleinerzieher/in plus 1 Kind 904 Euro
- Ehepaar 1.019 Euro
- Ehepaar plus 1 Kind 1.170 Euro
Sonderbedarf kann im Einzelfall auf Antrag gewährt werden.
Dauerleistung ab dem 60./65. Lebensjahr und bei Arbeitsunfähigkeit über einem halben Jahr monatlich bis maximal
- Ein-Personen-Haushalt 906,01 Euro
- Ehepaar 1.272,02 Euro
Krankenhilfe bekommen Personen, die nicht krankenversichert sind und eine Geldaushilfe oder eine Dauerleistung erhalten bzw. deren Einkommen (z.B. Alimentationszahlungen) den eineinhalb-fachen Sozialhilferichtsatz zuzüglich Miete nicht übersteigt. (alles nachzulesen auf www.wien.gv.at)

Für die, die vom Leben oder sich selbst auf die Straße geschwemmt worden sind, sprich: keine Wohnung haben und sich aus eigenem auch keine besorgen können, gibt es (statt dem Miet- und Heizkostenzuschuss von plusminus 300 Euro) die Wiener Wohnungslosenhilfe, die so wenig gar nicht anbietet - außer Beratung und Hilfestellung gibt es
- Nachtquartiere,
- Tageszentren,
- Übergangswohnhäuser,
- sozial betreute Wohnhäuser,
- betreutes Wohnen in Wohnungen,
- Wohngemeinschaften,
- Mutter-Kind-Einrichtungen,
- Einrichtungen nur für Frauen,
- Einrichtungen nur für Männer,
- Einrichtungen für Familien,
- Einrichtungen für Alkoholkranke,
- Einrichtungen für Suchtkranke,
- Einrichtungen nur für junge Menschen,
- Einrichtungen für pflegebedürftige Menschen,

erschreckend viel gibt es, auch medizinische und psychiatrische Grundversorgung, und wer will, kann noch viel mehr lesen unter www.wien.gv.at, d.h. erschreckend viele Menschen brauchen akut ein Dach über dem Kopf und viele von diesen vielen brauchen nicht nur vorübergehend Hilfe und nicht nur beim Wohnen.

Trotzdem nehmen viele diese Angebote nicht an, weil ihnen die Schwellen zu hoch sind, ihr Selbstbewusstsein zu niedrig ist, sie etwas anderes suchen, brauchen, wollen als in diesen Einrichtungen auf sie wartet, sie gegen alle/s sind, also auch gegen das, sie ihre Aggressionen nicht in den Griff kriegen, die Schnapsflasche nicht aus der Hand, was immer.

Diese Menschen landen gemeinsam mit denen, für die der Sozialhilfetopf der Steuerzahler nichts hergibt, entweder in privaten Einrichtungen, die mit Spenden und nicht mit Steuergeldern finanziert und von Menschen in ihrer Freizeit geführt werden (man könnte fast sagen, es sind Menschen und nicht Einrichtungen, weil hier von A wie Abenddienst über G wie Geld bis Z wie Zeit alles freiwillig gegeben wird, hier wird keiner Steuerpflicht nachgekommen, kein Job getan, kein gesetzlicher Auftrag erfüllt, hier darf jeder schlafen, der ein Dach über dem Kopf braucht, essen, wenn er Hunger hat, mit jemand reden, wenn er reden will, trinken, wenn er glaubt, dass er ohne nicht kann, in diesen Topf darf sich jeder einbringen und jeder darf herauslöffeln, hier ist niemand, der nicht hier sein will, weil jeder nur deshalb da ist, weil er gern da ist) oder sie landen in öffentlichen Toiletten, unter Brücken, im eigenen Messer, irgendwann vielleicht im Gefängnis, im Krankenhaus früher oder später, aber viele verweigern sogar das, manche stopfen sich lieber Zeitungspapier in die Löcher in den offenen Beinen als sich behandeln zu lassen, trotzdem ist es auch hier noch lange nicht zu Ende, das Leben ist furchtbar hartnäckig, ganz unten ist nicht nur das Elend zuhause, auch Schätze haben hier ihren Platz, eine Handvoll Streetworker/Innen zum Beispiel, denen nichts zu dumm ist, das Wort aussichtslos kennen sie nicht und Grenzen auch nicht, sie bohren sich durch die beinharte Dreckschicht wie Krätzen.

Das ist keine Kritik am staatlichen Sozialhilfesystem. Alles kann ein Staat nicht bieten, eine Stadt nicht. Es gibt Qualitäten, die können nur Menschen Menschen (an)bieten.

Die öffentliche Hand kann andere Erleichterungen bieten (und tut es auch): z.B.
- Mobilpass für Mindestpensionisten und Sozialhilfeempfänger: Mit ihm gibt es z.B. eine ermäßigte Monatskarte bei den Wiener Linien (statt 49 Euro 15 Euro), ermäßigte Jahreskarte bei den Büchereien der Stadt Wien, ermäßigten Eintritt bei den städtischen Bädern.
- Kulturpass für Mindestpensionisten, Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose und Flüchtlinge: In über 200 Kultureinrichtungen in Wien, Salzburg, Oberösterreich und Steiermark ist der Kulturpass Eintrittskarte.
- Befreiung von Rundfunkgebühren und Zuschuss zu Fernsprechentgelten über Antrag möglich.
-Kindergärten (in Wien ab September) gratis. (Das alles und mehr und detailliert unter www.wien.gv.at)

Außerdem gibt es Sozialmärkte: z.B.
- Vinzi-Markt: “Einkaufsberechtigt sind Menschen mit Wohnsitz in Wien, die allein nicht über mehr Einkommen als 850 Euro/Monat, bzw. zu zweit 1.200 Euro, zuzüglich 100 Euro pro Kind verfügen. … Der Einkaufsberechtigungsausweis ist in den Geschäften zu den Öffnungszeiten erhältlich. Notwendig dafür ist ein Verdienstnachweis, der Meldezettel und ein Lichtbildausweis. Der Ausweis ist für 1 Jahr befristet. Außerdem gibt es ein Einkaufslimit von 30 Euro pro Woche. Das entspricht in etwa einem tatsächtlichen Warenwert von 120 bis 150 Euro.” (aus www.vinzi.at)
- SOMA-Sozialmarkt: Einkommensgrenzen geringfügig anders (höher), auch sonst einiges geringfügig anders, aber alles geringfügig, unterm Strich ist es das Gleiche und alles nachzulesen unter www.wien.hilfswerk.at.

Jede Menge kluge Köpfe gibt es: z.B.
Laotse: “Wer weiß, dass er genug hat, ist reich.”
Seneca: “Nie ist zu wenig, was genügt.”

Und UNS. Uns gibt es auch. Wir gehören auch dazu. Zur Gemeinschaft. Wir dürfen uns auch einbringen. JEDER. Und an der Stelle fällt mir gleich noch ein superkluger Kopf ein.

 “Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen möchtest.”  Mahatma Gandhi

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