Ein steiniger Weg.

Wenn jemand noch nie einen Stein gesehen hat und den Weg zur Thüringer Hütte über das hintere Habachtal geht, hat er anschließend mehr Steine gesehen als hundert andere in ihrem ganzen Leben.

Steine, Sonne, Murmeltiere. Und Wasser, das über die Steine rinnt.
 
Ein dürrer Weg. 
Du magst es unsäglich mühsam finden Stunden und Stunden durch diese Steine zu gehen. Trotzdem. Halte [...]

Schöner könnte der Gipfel nicht sein

als dieser Stein,

auf den ich mich setzte (besser wäre: an den ich mich lehnte, zum Sitzen war er fast zu gr0ß),
 
nachdem ich beschlossen hatte es für heute mit dem Aufstieg gut sein zu lassen (bis zum Karsee wäre es noch knapp eine Stunde gewesen, von dort bis zum Gipfel noch einmal mindestens eine halbe), weil ich [...]

Ich sitze mitten in einem Traum.

 Sein Name: Krimmler Aachental

Vor mir das

und das,

hinter mir das

und das,

die Krimmler Aache ein durchsichtiges, glitzerndes Wasser,

stellenweise sogar mit weißem Sandstrand.

Zwei Gehstunden von hier entfernt sieht sie dann so aus

und so,

bevor sie in die Tiefe donnert

wie ein Brautschleier

und die Linsen der Fotoapparate

mit ihrem Dampf füllt.

Ihr Name: Krimmler Wasserfälle

Es wird nichts.

Mit dem Großvenediger. Mit den “von Hütte zu Hütte” Touren, die ich mir vorgenommen habe (Tauernhaus-Richterhütte-Zittauerhütte, Thüringerhütte-Larmkogel-Fürtherhütte). Mit der Tour Berndlalm-Bettlerscharte-Finkalm. Mit dem Zwölferkogel. Alles nichts. Nicht einmal bis zur Aschamalm schaffe ich es. Es regnet, nebelt und wenn es einen Tag nicht regnet und nebelt, ist es nass, glitschig, rutschig, schlammig, über 2000 m liegt Schnee. [...]

Stilles Wasser

als Digestif nach einem feudalen Mittagessen.

Wo? Das stille Wasser ist der Blausee, der 15 Gehminuten vom Gasthof Siggen entfernt ist, beides in Neukirchen am Großvenediger am Eingang ins Obersulzbachtal.

Wenn mir der Morgendunst ins Hirn steigt,

die Flügel am Rucksack und an den Schuhen montiert,

ich trotzdem immer wieder stehen bleiben, mich nach allen Seiten drehen und schauen muss,

gar nicht anders kann als staunen,

weil es, alles, jedes noch so kleine Futzelchen

150%ig herrlich ist,
 
ist es federleicht in der Gegenwart zu leben, bleibt mir gar nichts anderes übrig als im Hier und Jetzt zu [...]

Die großen Alten.

 
Es gibt sie noch.

Die Veteranen, die die Massenhinrichtung der alten Ortsbilder in der zweiten Hälfte des letztes Jahrhunderts überlebt haben.

Und je touristengerechter die Orte werden, desto unerbittlicher wird ihre Schönheit.

Bei einigen habe ich den Eindruck, sie mögen es nicht, wenn man sie fotografiert, 

zumindest meinem Fotoapparat spendieren sie nur den einen oder anderen kleinen Einblick,

Blick,

lassen ihn nur ein Zipfelchen [...]

Es regnet und regnet.

Und wenn es aufhört zu regnen,

schüttet es

und schüttet

und schüttet.

Und wenn es dann aufhört

und die Sonne durchkommt,

dampft es,

als würde die Suppe

gleich übergehen.

Man muss nicht hoch hinaus/hinauf

 
um großartige Einblicke,

Anblicke,

Ausblicke,
 
Überdrüber-,

Traum-

und sonstige Blicke

und Einsichten

zu haben.
Wo das ist? Ein kleines Stück vom Sonnenweg in Neukirchen am Großvenediger.

Kunstwerke

  
auf Schritt

und Tritt.

Wie die Hühnerkeulen

 im Schlaraffenland

 fliegen sie einem um die Ohren.

Nur einmal um die Kurve …

 

 

und die Spucke bleibt mir weg.
Die Worte werden immer weniger.

Der Heilige Geist baumelt im Wirtshaus von der Zimmerdecke,

der frische Zwetschkenkuchen duftet höllisch,

die eingetrocknete Kuhscheiße könnte man als moderne Kunst verkaufen,

die Preiselbeeren mit Kürbis 

verkochen

vor meinen Augen

zu einem Gedicht.

Die Blumen am Fenster vor meinem Schlafzimmer.

Eine andere Welt als die, die ich gewohnt bin. Trotzdem alles unter (m)einem Dach.
 
Ich kann jetzt sagen, das ist Kitsch, eine nette Auszeit. In zwei Wochen schaut die Sache wieder ganz anders [...]

Die Erde ist gnadenlos schön.

 
 
 

 
 
Würden wir es schaffen das alles zu zerstören, uns selbst auszulöschen, den Planet, der uns hervorgebracht hat, in eine strahlende Atom- und sonstige Müllhalde zu verwandeln, wir würden nur das “gnadenlos” größer machen (können). Davon bin ich überzeugt.
 

 

Bergsteigen ist wie Segeln.

Man muss immer hier sein. Im Jetzt sein. Aufmerksam. Es bleibt einem gar nichts anderes übrig als im Augenblick zu leben, wach, Augen, Ohren offen, dem Lauf des Weges zu folgen, möchte man nicht irgendwann im Irgendwo wieder zu sich kommen oder auch nicht.  
Leben ist mit Sicherheit nichts anderes. Nur sind die Wegmarkierungen nicht rot-weiß-rot.
Oder doch?

“O(i)schauhoagl mogst do nit sei.”

 
Was das heißt?
 

 

 

 
 
 
 

 
Wo das ist? “Am Salzburger Fuß des Großvenedigers”. Der Kürsingersteig im Obersulzbachtal. Der neue Anstieg von der ehemaligen “türkischen Zeltstadt” zur Kürsingerhütte.

54 Jahre hat es gedauert

 
bis zu diesem Augenblick.
 

 
Die Wildalm. Nur drei Gehstunden von meinem Elternhaus entfernt. Ich habe es nie der Mühe wert gefunden …
 

 
diesen Weg zu gehen, 
 

 
hierher zu kommen.
 

 
 Ich dachte immer: “Die Wildalm gibt nichts her.”
 

 
 Das Buch Wu Wei hat Recht: Ich muss aufhören (so viel Unsinn) zu denken,
 

 
mir ein Urteil zu bilden über etwas oder jemand, das/den ich nicht kenne.
 

 
Die [...]

Hier hat mich die Erde ausgespuckt.

 
Hervorgebracht ist auch ein Wort. Auf diesem Fleck Erde wurde ich vor 54 Jahren geboren.

 In diesem Ort. 

 In diesen Bergen. 

Kaum vorstellbar: Ich wollte viele Jahre lang mit diesem Fleck nichts zu tun haben, fand ihn hässlich, kalt, tot. Das ist lange her. Trotzdem kaum vorstellbar. Hier werde ich in den nächsten Wochen (versuchen) das Jetzt (zu) erleben.

Im Guglhupfkrater.

Soll heißen: rundherum angezuckerte Berge.

 
  
 
Erkenntnis des ersten Tages: Ich habe ein schönes Leben. Ich könnte ruhig und zufrieden sein, könnte ich mich von den Erwartungen, Urteilen der anderen lösen und von meinen eigenen und von meinem Ehrgeiz, der Vorstellung, ich muss doch etwas bewegen, verändern, die Welt umgraben.
Muss ich die Welt umgraben? Wer sagt, dass ich sie so, [...]

So. Rucksack gepackt.

Trekkingschuhe, Walkingschuhe, Regenjacke, zwei Wanderhosen, Fliespullover, Baumwolljacke, dicke Unterwäsche, dünne Unterwäsche, Funktions-T-Shirts, Baumwoll-T-Shirts, Wandersocken, andere Socken, Walkingstöcke, Fotoapparat, Netbook, zwei Bücher, ein dünnes, kleines (Wu Wei), ein dickes, großes (Yoga).
Ein paar Wochen Pinzgau. Berge. Gehen. Schwitzen. Ein bisschen Yoga vielleicht. Die Geborgenheit des Augenblicks erkunden. Vielleicht wird dabei mein Hirn, mein Herz, irgendetwas klarer. 
Gestern habe ich eine Dokumentation über Roma-Frauen [...]