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Du bist jetzt am Friedhof, wo mein Bruder vor deinem Grab steht, und hier bei mir. Davon bin ich überzeugt. Oder du bist nirgendwo.
Muss eine gewöhnungsbedürftige Erfahrung sein. KEINE GRENZEN mehr. Man kann überall hin, überall hinein. Keine Tür ist mehr verschlossen. Kein Berg zu hoch. Kein Dickicht zu dicht. Kein Wald zu unheimlich. [...]
galten eine Zeit lang als unnötig, lese ich, als nutzloser Ballast eben, den man besser aus den Lebensmitteln beseitigt als verzehrt, da sie für den eigentlichen Stoffwechsel (gemeint nur die Umwandlung von Stoffen?) nicht benötigt werden. Ihr Nutzen (dass sie Verstopfung vorbeugen, für eine gesunde Darmflora sorgen u.u.u.) wurde dabei vernachlässigt bzw. kaum gesehen. Er wurde erst offensichtlich, als diese Stoffe im [...]
06:45 Uhr. Morgensport. Joggen. Die jungen Leute sind in der Früh schwer aus dem Bett zu bringen. Es wird 7 Uhr, bis wir loslaufen. Eine Hand voll „Kinder“ und drei Erwachsene. Wir laufen Richtung Laza, treffen unterwegs Stefanie (sie wohnt im Laza, weil sie mit Marius verheiratet ist und ist jetzt unterwegs ins Juda), dann [...]
Wer meint, CONCORDIA sei oder habe ein großes Herz, irrt. CONCORDIA ist (so mein persönlicher und im Moment sicher noch sehr vom Schock geprägter Eindruck) ein schmaler Pfad, der links und rechts von hohen Mauern eingesäumt ist. Wer bereit ist, sich jeden Schritt, den er tut, vorschreiben zu lassen, für jede seiner Handlungen Rechenschaft abzulegen, [...]
Wann ist nicht der 11. September?
Oder macht es einen Unterschied, ob Menschen in die Luft fliegen oder verhungern? Das mit den Flugzeugen war Absicht. Fahrlässige Tötung ist auch kein Dreck. Jeden Tag. Den ganzen Tag (die Exporte subventionieren, die Einfuhren drosseln, die Fischereirechte aufkaufen, den Regenwald abholzen, eine Lebensgrundlage nach der andern entziehen, die Ozonwerte in [...]
Nicht nur viele Nationalitäten prallen hier aufeinander, auch zwei Gruppen von Menschen, die gegensätzlicher nicht sein könnten:
Die einen wollen nicht drinnen bleiben, im Arbeitsmarkt nicht, in einer geregelten Gemeinschaft nicht, manche nicht einmal im sozialen Netz, das Land würden sie aber nie verlassen, wo sollten sie auch hin. Die anderen kommen von auswärts, viele von [...]
Zwei Tage durch die Stadt. Ich brauche GESICHTER zu den Namen.
Ich muss mir unter P7, bzWO, JOSI … etwas vorstellen können, ich will wissen, wie ein Sozialmarkt ausschaut, wo die Leute aus den Notschlafstellen den Tag verbringen können, wenn es draußen schüttet, mir die wichtigsten Anlaufstellen anschauen, selber mit diesen Orten Kontakt aufnehmen.
P7 - Wiener [...]
Aber es gibt auch andere Namen: Ganslwirt, FrauenWohnZimmer, sHäferl, die Gruft. Oder: Haus Arndtstraße, Haus Gänsbachergasse, Haus Johnstraße, Haus Schlachthausgasse. Oder: Arbeitsgemeinschaft Nichtsesshaftenhilfe Wien, Heilsarmee Österreich, Volkshilfe Wien. Oder: Haus Allerheiligen, Neustart, neunerHaus. Oder: Haus Hermes, Haus Immanuel, Haus Leo.
Irgendwie kommt keine Freude auf. Dabei sind das die Orte für die Privilegierten. Da darf nicht [...]
Konrad ist klein, mager, das Gewand steht, davon bin ich überzeugt, auch ohne den Herrn, die Haare krümmen sich in alle Richtungen, mittellang, die Hände meistens schwarz, es gibt keinen, dem ich die Dusche so wünsche wie ihm, wenn er hin und wieder etwas isst und wenn er dabei redet, spuckt er, den Speichelfluss hat [...]
“Ich glaube nicht, dass es gut ist in verschiedenen Einrichtungen gleichzeitig mitzuarbeiten. Man kommt gar nicht umhin zu vergleichen, hier ist das besser, dort das. Außerdem ist man nie ganz hier und nie ganz dort und wenn man so etwas macht, sollte man es ganz machen.”
Ich mache, was ich mache, ganz. Aber ich mache es [...]
Ich darauf: “Dann würde ich vorschlagen, ich komme erst wieder hierher, wenn ich aufgehört habe dort mitzuarbeiten.”
Sie erleichtert: “Das wäre mir sehr recht. Weißt du, das Misstrauen sitzt sehr tief. Du wirst das jetzt nicht verstehen, aber vielleicht kommst du einmal in eine Situation, in der du mich verstehst.”
Ich verstehe schon. Zwei Notschlafstellen, die einmal [...]
Das würde mir wahrscheinlich am meisten zu schaffen machen. Oder hört man auf der Straße auf etwas anderes als die anderen zu sein? Saudumme Frage. Furchtbar muss das sein.
Keine Tür zum Zumachen. Nicht einmal ein eigenes Kaffeehäferl. Überall nur geduldet. Bestenfalls geduldet. Nirgendwo nicht überflüssig. Immer bitte sagen müssen und danke. Für einen Teller Gulasch [...]
Heute bleibt man nicht einmal unter dem riesigsten Regenschirm halbwegs trocken. Wer von ihnen hat einen Regenschirm? Wie bringt man einen Tag hinter sich in dieser kalten Nässe? In der Haut derer, die heute in den Notschlafstellen Nachtdienst hatten und sie hinausschicken mussten in der Früh, möchte ich nicht stecken. Wo sind sie? Fast sieben [...]
Wenn ich aus dem warmen Bett steige und unterwegs bin in die warme Dusche und zum heißen Kaffee. Dass sie jetzt unterwegs sind in die Kälte. Vielleicht kiefeln sie gerade an ihrem alten Brot in der dicken Luft von gestern, suchen einen Rest Rotwein in den Tetrapacks im Mistkübel, einige kämpfen sicher noch mit dem [...]
Dass die einen (keine) Mauern haben, hinter denen sie ihr Elend und ihre hunderttausend Unfähigkeiten verstecken können?
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in Notschlafstellen mitarbeiten, Erfahrungen, Gedanken, Fragen in dieses Blog werfen wie gewürfeltes Gemüse in einen 10 Liter-Topf (so groß sind die Töpfe für die Eintöpfe dort), dem Wort obdachlos nachgehen, aus den Notschlafstellen hinaus, das Etikett „wohnungslose Menschen“ herunterkratzen von diesem Begriff, der so riesig wie die Straße lang ist und so viele Gesichter hat wie sie, das eine oder andere entdecken, in dieses Blog werfen wie Gemüsewürfel, auf der Straße gibt es keine Topf- und keine Buchdeckel, sie ist endlos wie der Himmel, also stirbt auch die Hoffnung nie
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