Danke für’s Aufwecken! Vielen lieben, herzlichen Dank, Herr H.!

Mitte April 22 bekam ich ein Mail mit folgendem Inhalt: „Ich interessiere mich für die Domain freygeist.at. [ … ] Da die Homepage, auf welche die Domain verweist, den Eindruck macht das diese nicht mehr aktiv gepflegt wird, wollte ich höflichst anfragen, ob die Möglichkeit besteht diese Domain zu übernehmen?“

Es fühlte sich an, als würde ein Schwall pürierter Eiswürfel in meinem Gesicht landen. Meine entsetzte Antwort vom gleichen Tag: „Nein, die Möglichkeit besteht nicht. Ich werde in nächster Zukunft wieder aktiver sein.“

Aber der Alltag bzw. das tägliche Drunter-und-Drüber, das in Zeiten wie diesen mehr Hiobsbotschaften als Entwarnungen parat hat und mit dem, was ich als europäisches Wohlstandsbürgerlein vor Corona und dem Ukraine-Krieg unter Alltag verstanden habe, so gut wie nichts mehr zu tun hat, überrollte das Mail samt Eiswürfelpüree und ich vergaß es.

Heute in Allerherrgottsfrüh war ich wie üblich auf meinem Hausberg(lein) in den Weinbergen unterwegs. Es war traumhaft schön und gespenstisch still. So still, dass ich mitten in meiner Atemübung stecken blieb. Die eingeatmete Luft steckte im Hals, die ausgestreckten Arme steckten in der Luft. Kein Autolärm aus dem Tal (das ist am Sonntag ganz natürlich und sehr erfreulich). Kein Flugzeuggebrumm vom Himmel. Kein einziges noch so kleines Fliegerlein zwischen 7 und 8 Uhr am ersten Sonntag nach Schulschluss, weder im Anflug auf den Flughafen Schwechat noch beim Aufsteigen noch sonst irgendwo im Blitzblau, der Luftraum leer, nur bei ganz genauem Hinhören ein verschüchtertes Brummen irgendwo ganz weit weg. Nach 8 Uhr entdeckte ich dann eins, zwei … drei!

Etwas ist jetzt GANZ anders. So anders, dass es kein Zurück mehr gibt.

Ist das schlecht? Beängstigend ist es. Drohend ist es. Fremd. Wie Sterben. Wir werden aus unseren alten Geborgenheiten hinausgeworfen. Wohin?

Nicht nur SPANNEND. Wird eine Zeit der „Obdach-Losigkeit“. Jeder, wie er will und kann. Namen gibt es viele für die, die (unfreiwillig oder freiwillig) unterwegs sind ins Unbekannte. Jedenfalls ein Abenteuer, an dem wir Gefallen finden werden müssen.

Ja, Herr H., ich behalte die Domain freygeist.at. Aber Sie haben Recht. Ich muss sie wieder nützen.

In den letzten Jahren habe ich für Flüchtlinge und Migranten §§ geschaufelt. Dieser Lebensabschnitt ist jetzt vorbei. Mit 66 ist es genug. Kein Platz mehr für die grauen Galgenbäumchen (= mein Spitzname für §). Mein Kopf ist wieder frei.

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