Verhaltensforscher UND Psychiater müsste man sein.

Oder man dürfte nicht wissen wollen, warum Menschen sind, wie sie sind, warum sie sich verhalten, wie sie sich verhalten und wie man sich ihnen gegenüber “richtig” verhält.

Eine Frau: Um die Fünfzig, selbstbewusstes Auftreten, intelligent, redet gern, flüssig und gut, hat mit Sicherheit eine gute Ausbildung hinter sich, Berufserfahrung, Erfahrung im Umgang mit Menschen, die Frau könnte eine Führungsposition einnehmen, Vorträge halten, Seminare veranstalten, man würde ihr zuhören, glauben, was sie sagt. Nur fragen dürfte man sie nichts, denn Antworten bekommt man von ihr keine, außer “darüber möchte ich jetzt nicht reden” oder “im Grunde ist das alles so geplant” oder “das ist Teil meiner Ausbildung”. Und an den fehlenden Zähnen dürfte man sich nicht stoßen. Warum sie nicht in eine Einrichtung der Stadt Wien geht? “Das ist nicht mein Stil.”

Ein Mann: Auch um die Fünfzig, auch selbstbewusstes Auftreten, auch intelligent, außerdem temperamentvoll, kräftig, sportliche Statur, trinkt nicht, nimmt keine Drogen, ist nicht ungepflegt, spricht ausgezeichnet Deutsch, die Zähne weiß und in Reih und Glied, nichts, das darauf hindeuten würde, dass dieses herrische Arschloch auf der Straße lebt, ein arbeitsloser Portugiese, der in Österreich keinen Anspruch auf irgendetwas hat, Tag für Tag in eine Notschlafstelle kommt, die zu hundert Prozent von Ehrenamtlichen in ihrer Freizeit geführt wird, oft nicht einmal den einen Euro für die Übernachtung und das Essen bezahlt, dafür aber ein Verhalten an den Tag legt, als wäre er in einem Fünf-Sterne-Hotel und würde nicht ausreichend bedient.

Ein paar chronische Sozialhilfe-Bezieher: Sie streiten zwar ununterbrochen, aber in einem Punkt sind sie sich einig: Der Staat ist völlig daneben. Spendet Milliarden ins Ausland, aber für die Österreicher tut er nichts. “Es gibt keine einzige Einrichtung, in der man halbwegs Annehmlichkeiten hat.”

Ein österreichischer Flüchtling: Schulabbrecher, mit fünfundzwanzig plus immer noch ohne Job und wehe dem (Job), der sich ihm in den Weg legt, blickt auf seine “gutbürgerliche” Familie herab, die ihn “versaut hat, ausgesaugt” und (momentan noch) erhält, hält sich die Welt mit verkehrten Fragen vom Leib (etwa, wie Staaten mit Menschen umgehen, die nicht arbeiten und auch keine Sozialhilfebezieher sein wollen) und bleibt sich selbst jede Antwort schuldig.

Der ganz normale Wahnsinn. Stimmt’s? Kunst der Gegenwart. Es lesen die Autoren …

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