Aufräumarbeiten und Abbruchstimmung.

Ein Buffet aus den Tiefkühlschränken. Alles bunt durcheinander, Fleischknödel, Kroketten, Spinatnudeln, gefüllte Palatschinken, Rotkraut, Karotten, Tiramisu, Schokolade. Ich bekomme eine Riesendose panettone classico mit nach Hause. Es ist die letzte von siebzig. Und es ist immer noch so viel da. Die Vorräte sind fast so unerschöpflich wie die Gäste. 27 von 45 Betten sind eine Woche nach dem vorgesehenen Schließungstermin noch belegt.

Viele wollen nicht wahrhaben, dass es zu Ende geht, blenden diese Tatsache aus wie sie alles ausblenden, was sie nicht wahrhaben wollen, andere lassen es einfach auf sich zukommen, wie sie jeden Tag auf sich zukommen lassen, bei einigen werde ich den Eindruck nicht los, sie reden zwar viel, tun aber nichts, nur einige bemühen sich wirklich und haben trotzdem noch keinen Platz gefunden. Unterm Strich: Jeder verhält sich, wie er sich immer verhält. 

Und wie sehen die gefundenen Plätze aus?

Ein Mann ist in U-Haft und wird vielleicht das nächste Jahr im “Häfn” verbringen (nichts Schlimmes, nur alle Ersatzfreiheitsstrafen absitzen, die sich im Lauf der Zeit angesammelt haben), ein anderer kommt für zwei Monate bei jemand unter, der gerade einen Entzug macht und dessen Wohnung oder Zimmer deshalb leer steht, wieder ein anderer hat eine 400 Euro Wohnung gemietet (fragt sich, wieso er bisher auf eine Notschlafstelle angewiesen war), einige haben sich bei Bekannten oder Verwandten einquartiert, etliche sind auf die Donauinsel gezogen, etliche werden das noch tun (müssen), ein paar haben die verbleibenden privaten Notschlafstellen bis zum letzten Bett aufgefüllt, ein paar Sozialhilfe- und Arbeitslosenempfänger werden doch noch den ungeliebten Weg zu P7 und damit in eine Notschlafstelle oder ein Wohnheim der Stadt Wien antreten müssen, die angehende Frühpensionistin etwa, die mir vor einer Woche noch erklärt hat, dass diese Heime nicht ihrem Stil entsprechen.

Wer bleibt über?

Im Wesentlichen EU-Ausländer, die die Zeit übersehen haben und für die jetzt kein Platz mehr in privaten Notschlafstellen ist. Und die, die keine Lösung für ihr Problem finden wollen. Der blasse Grieche mit der Essstörung etwa. Er ist nicht deshalb noch hier, weil er EU-Ausländer ist. Einerseits erzählt er von Angstzuständen, weil er noch keinen Platz gefunden hat, andererseits rührt er keinen Finger und wenn ihm ein pensionierter Rechtsanwalt ein Zimmer in einem Hotel und ein Handy anbietet als Leistung dafür, dass er für ihn einkaufen geht und verfügbar ist, falls er irgendetwas braucht, lehnt er ab, weil er nicht verfügbar sein will, dabeí hat er schon oft von diesem Rechtsanwalt erzählt, dass er schon für ihn gearbeitet hat und wie gern er wieder für ihn arbeiten würde. Er ist einer von den Gästen, die man aufgrund ihres Aussehens und Auftretens nie in einer Notschlafstelle vermuten würde, die aber ganz typisch Dauergäste in Notschlafstellen sind. Ich meine das nicht abwertend. Ich denke an einen Ausspruch, den ich an einem meiner ersten Abende gehört habe: “Wir nehmen unsere Gäste, wie sie sind. Sie sind nicht umsonst hier.”

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