Übriggebliebene. Bücher. Menschen.

Der Vertrag mit meinem Verlag ist ausgelaufen. Ich habe alle Rechte an Grenzenlos wieder, er hat noch knapp 100 Bücher. Aber nachdem der Vertrag ausgelaufen ist, verkauft er sie nicht mehr. Er hat sie mir zu einem einmaligen Autorensuperrabatt von 50% angeboten. Andernfalls müsse er sie vernichten. Ob das Wort vernichten in diesem Zusammenhang bewusst gebraucht wird, kann und will ich nicht beurteilen. Weh tut es so oder so. Auch dass die simple Tatsache, dass ein Buch auch dann noch ein Buch ist, wenn der Vertrag zwischen Verlag und Autor ausgelaufen ist, (m)einem Verleger offenbar fremd ist, tut weh, dass mein Vertragspartner nur Geschäftsmann ist, sonst nichts. Wäre er der, für den ich ihn irgendwann einmal gehalten habe, dürfte seine Liebe zu Büchern nicht mit den Verträgen mit seinen Autoren enden wie eine Klopapierrolle, die aufgebraucht ist, würde er Bücher, die er während der Vertragslaufzeit als Kunst-Stücke bewirbt und verkauft, nicht von einem Tag auf den anderen als gebundene oder geleimte Stöße Altpapier betrachten und entsorgen. Zwei Zeilen im Vertrag würden genügen (und nicht einmal die wären wirklich notwendig) und er könnte mit diesen Büchern Menschen Freude machen statt Müllcontainer füllen. Es würde ihn ein paar Telefonate kosten und schlimmstenfalls ein paar Liter Benzin, ein paar Euro Portokosten. Ich habe ihm ein Mail geschrieben, ihn gebeten darüber nachzudenken, ob er die vielen übriggebliebenen Bücher seiner vielen auslaufenden Autoren nicht lieber verschenken möchte statt sie zu vernichten. Immerhin verlegt er pro Jahr plusminus 15 Bücher, jeweils mit drei Jahren Vertragsdauer. Das ergibt jedes Jahr, selbst wenn er nur zwei oder drei Autoren dabei hat, die ihm ihre übriggebliebenen nicht abkaufen, einen kleinen Bücherberg, den er an verschiedene Einrichtungen und/oder gemeinnützige Organisationen weitergeben könnte, die diese Bücher entweder den von ihnen betreuten Menschen zum Lesen überlassen oder sie auf Flohmärkten verkaufen und den Erlös für einen guten Zweck verwenden.  

Übriggebliebene Bücher sind wie Menschen, die “für nichts (mehr) gut sind”, die ausgemusterten, die nicht funktionieren, die sich nicht rentieren, mit denen kein Geschäft, kein Geld (mehr) zu machen ist. Sie (die Bücher und die Menschen) gehören dazu, sie sind sogar ziemlich wichtig, weil man (mit) ihnen “nur mehr” Gutes tun kann. Sie fordern uns, holen das Schlechteste oder Beste aus uns heraus. Sie sind eine riesengroße Chance. Für jeden von uns. Für uns als Gesellschaft.

Die Kommentare sind geschlossen.