Der Tag in der Aufbahrungshalle

ist ein guter Tag. Der mit Abstand beste und eindrucksvollste Tag der Tage vor dem Begräbnis.

Dieser Tag ist ein Rest vom alten Brauch der Totenwache. Und ich vermute, es gibt ihn nur mehr am Land und auch am Land längst nicht mehr überall und auch dort, wo es ihn noch gibt, gibt es viele, die damit nichts mehr anfangen können.

Wir sollten auf diesen letzten Rest der Totenwache gut aufpassen und ihn bewahren. Er ist wertvoll.

Der Verstorbene kommt endlich dorthin, wo er hingehört. In den Kreis seiner Familie, die den ganzen Tag lang bei ihm wacht, während die Menschen aus dem Ort und der Umgebung kommen (können), um sich zu verabschieden.

Der Sarg mit den Blumengebinden steht erhöht zwischen hohen, brennenden Kerzen. Davor ein Foto des Verstorbenen und Weihwasser zum Sprengen. Im Hintergrund leise Musik oder auch nicht, Texte zum Meditieren oder auch nicht, zwischendurch Gebete oder auch nicht.

Im Lauf des Tages baut sich in diesem Raum eine ganz besondere Atmosphäre auf. Besonders für die, die Stunde um Stunde um Stunde um Stunde hier verbringen. Für mich war es wie eine Kuppel aus sanftem Licht, Frieden, Ruhe, Wärme, Geborgenheit und etwas Heiliges war auch dabei. Liebe.

Es ist wie am Sterbebett sitzen. Oder an einem Meditationszyklus teilnehmen. Man muss sich darauf einlassen. Dann kann es eine außerordentlich kostbare Erfahrung werden.

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