Ich glaube, dass es mir mit weniger (Geld) viel besser geht als mit mehr.

Hätte ich keine Kinder, wäre die Entscheidung, ob ich um meinen Erbteil streiten soll oder nicht, möglicherweise ziemlich schnell getroffen. Aber ich denke an meinen Sohn und was ich ihm als meinem Kind schulde und was er alles nicht bekommt an finanzieller Unterstützung und/oder späterem Erbe, wenn ich meine Forderungen jetzt herunterschraube oder ganz darauf verzichte.

Was schulde ich meinem Sohn? Schulden Eltern ihren Kindern, sie finanziell bestmöglich zu versorgen und mit Geldpolstern für Notzeiten auszustatten? Mein Kind lieben und versuchen ihm zu helfen, wenn es Hilfe braucht, kann ich auch mit wenig Geld. Es bekommt in diesem Fall sogar ein großes Stück mehr von mir, weil es mehr Liebe bekommt, weil ich mich mehr anstrengen muss.

Und wenn ich in mich hineinfühle, weiß ich, dass ich mich mit wenig Geld wohler fühle als mit mehr. Ein dicker Geldpolster würde mich und mein Gewissen irgendwann erdrücken. Ich müsste ständig an die Millionen und Millionen Menschen denken, alt, jung, ganz jung, gerade erst geboren, die rund um den Globus in Wellblechhütten oder Erdlöchern oder windigen Zelten vor sich hin (ver)hungern und (er)frieren oder flüchten und nirgendwo ankommen dürfen. Diese Last würde ich auf die Dauer ganz schlecht aushalten. Ich müsste mich von diesem Geldpolster trennen wie von einem Mühlstein. Ich könnte ihn nicht für meinen Sohn aufbewahren. Ich müsste ihn weitergeben.

Denn mein Sohn hat genug. Er lebt in einer reichen Gesellschaft mit hohen sozialen Standards, er hat reichlich zu essen und zu trinken und leider auch zu rauchen, er hat ein solides Dach über dem Kopf, er ist kranken- und haftpflichtversichert, er hat noch beide Elternteile, seine Lieblingstante, sonstige liebe Verwandte. Er hat sogar eine eigene Putzfrau (seine Mutter)! Was bitte braucht er mehr?

Und was ist, wenn das alles zusammenbricht, verdörrt, weggeschwemmt wird? Klimawandel, Putin, Nuklearkatastrophe, soziale Verwerfungen und Unruhen, vielleicht sogar Krieg? Alles leicht möglich. Dann müssen wir hungern, wie Millionen und Millionen es jetzt schon tun, und einander helfen, so gut wir können. Oder wäre es erstrebenswert, wenn wir uns dann aus dem Staub machen könnten, weil wir vorher das nötige Geld gehortet haben in unserem Käfig aus vorbeugender Angst und satter Bequemlichkeit?

Wenn wir leben sollen, wird das Leben dafür sorgen. (Franz von Assisi mit anderen Worten)

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