Der große STUPA von Boudha

Ein Stupa ist ein großes, kuppelförmiges buddhistisches Heiligtum und der Stupa von Boudha ist einer der größten weltweit.

Seine riesige, weiße Kuppel steht auf drei zwanzigeckigen Stufensockeln, die dem Bauwerk etwas Sternförmiges, Mandalaartiges geben. Auf der Kuppel sitzt der goldfarbene (oder goldene?) Turm, auf dessen vier Seiten die Augen des Buddha aufgemalt sind. Über den Augen, quasi über der Stirn des Buddha, sind verschiedenfärbige Stoffbahnen so lose angebracht, dass sie sich im Wind ständig bewegen wie Rüschen. Darüber verjüngt sich der Turm zu einer Spitze, die von einer Art Mütze oder Schirm überdacht wird, die/der wieder mit wehenden Stoffbahnen umrandet ist und von der/dem aus sich die endgültige Spitze erhebt. (Ach wie einfach wäre es, könnte ich Fotos hochladen …) Von diesem Turm aus sind unzählige Gebetsfahnen auf die vielen Ecken der Stufensockel heruntergespannt, deren buntes Flattern dem tonnenschweren Bauwerk etwas Leichtes, ausgesprochen Freundliches gibt, ich würde sogar sagen, eine gewisse Schwerelosigkeit. In der Ringmauer, die den Stupa nach außen hin abschließt, sind viele Gebetsmühlen eingelassen, die von den Gläubigen beim Umrunden des Stupa gedreht werden oder auch nicht und die - zumindest derzeit - den ganzen Tag über von einem ununterbrochen vor sich hinredenden oder -singenden, gelegentlich auch fürchterlich schimpfenden jungen Mönch geputzt werden. Neben Nieschen mit Buddhafiguren gibt es in der Ringmauer auch einen kleinen Raum, in dem die Pujas stattfinden, die Gläubigen ihr Geld, Lebensmittel, und was weiß ich, was sonst noch abliefern und sich die heißersehnten blessings holen. Außerdem gibt es diverse Schreine, Statuen, zwei wunderschöne Elefanten u.u.u.

Vielleicht ist es die schiere Größe dieses weißen Kolosses mit dem goldenen Turm, oder sind es die Augen, die überall und immer da sind, vielleicht ist es beides oder etwas ganz anderes, das dem Stupa etwas Mächtiges gibt, das durch die sich ständig im Wind bewegenden Gebetsfahnen und Stoffrüschen unglaublich präsent und lebendig ist.

Und diese Lebendigkeit und Beweglichkeit scheint sich in den Gläubigen fortzusetzen, die den Stupa im Uhrzeigersinn umrunden und zwar so gut wie immer. Egal, ob ich in der Früh, untertags oder am Abend hinkomme, es bewegt sich konstant ein Strom von Menschen rund um diesen Stupa, manchmal ist es ein reißender Fluss (wie etwa am Abend nach dem Erdbeben vor zwei Wochen), meistens ein blätschernder Bach, gelegentlich vielleicht nur ein Rinnsal, über Nacht wird auch dieser über etliche Stunden sicher austrocknen, um in den Morgenstunden genauso sicher wieder anzuschwellen.

Eine Runde dauert vier bis fünf Minuten, 20 Runden dauern eine bis anderthalb Stunden, je nachdem, wieviele Menschen gerade gehen, wie schnell sie gehen, ob sie aufgelockert oder in Gruppen gehen, ob Hindernisse auftauchen wie etwa am Boden ausgestreckte Menschen, die ihre prostrations (Niederwerfungen) machen oder Hunde, die mittendrinnen zusammengeringelt seelenruhig schlafen oder deren häufchenförmige Hinterlassenschaften …  rundherum und rundherum und rundherum und immer das Gleiche wieder von vorne …

Anfangs hat es mich nur an Rosenkranzbeten erinnert. Ich habe Rosenkranzbeten nie verstanden, immer gehasst, andere lieben es, es muss sein wie Mantraleiern, und die meisten der ernsthaften Stupa-Umrunder machen das alles auch gleichzeitig - den Stupa umrunden, Mantras und/oder immer die gleichen Gebetsformeln leiern und dabei die Perlen der rosenkranzähnlichen Ketten durch die Finger laufen lassen. Ich vertrage so etwas grundsätzlich nicht. Trotzdem habe ich mir angewöhnt, pro Tag (am liebsten in der Früh) eine bis anderthalb Stunden im Stück den Stupa zu umrunden, mitzulaufen, Teil dieses menschlichen, summenden Flusses zu werden, der den Stupa wie ein vierter Sockel umgibt, der sich bewegt wie sich die Gebetsfahnen bewegen und wie diese fest mit dem Stupa verbunden ist.

Es ist nicht nur wie Rosenkranzbeten. Es hat etwas Meditatives, zeitweise (je nach Tagesverfassung) etwas Irrsinniges, irrwitzig Irrationales, etwas Zwischen/Mit-, aber genauso Unmenschliches und ich lerne viel - über mich selbst, wie ich meinen Weg gehe, wie andere ihren Weg gehen, wie wir unsere Wege besser aufeinander abstimmen könnten, würden wir einander 1) zur Kenntnis nehmen und 2) mehr Rücksicht aufeinander nehmen. Gelegentlich schaffe ich es meine Gangart zu ändern, nicht ständig auf der Überholspur sein zu wollen, weil ich bei anderen “Schnellgehern” sehe, wie lächerlich sinnlos und auch wie unhöflich dieses sich so schnell wie möglich Durchschlängeln denen gegenüber ist, die nicht so schnell können oder die in ihre Andacht versunken sind. Ich werde ein kleines bisschen ruhiger, toleranter, ärgere mich aber trotzdem über die, die nicht links und rechts schauen und stolpere immer wieder über meine Ungeduld mit mir und anderen wie über die Scheiße der Stupa-Hunde, die jeden Stupa-Umrunder zu einem Mindestmaß an Aufmerksamkeit zwingen, will er nicht ausrutschen und in der braunen stinkenden Soße landen …

Und es ist ganz anders in der Früh, wenn nur die gehen, die es halbwegs ernst meinen, als später dann, wenn die “schnell ein paar Pflichtrunden Dreher” auftauchen, ungläubig bis entzückt schauende Touristen mit ihren Kameras herumhirschen und die Selfisucht ausbricht. In jedem Fall aber ist es ein unglaubliches Schauspiel, besser als jeder Film.

PS: Die Stupa-Hunde gehören auch dazu. Sie sind ein nicht wegzudenkender Bestandteil dieses eindrucksvollen Mandala. Und wohl (oder übel …) auch der Dreck versprühende, von Security bewachte Taubenschwarm und die entsetzlich qualmenden Bottiche mit Räucherwerk, an denen man bei jeder Runde vorbei muss, was sich bei mir in der Früh regelmäßig auf den Magen schlägt.

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