Der vierte Abend. Oder: “Sie gehen schon?”

16:30 Uhr Bus nach Heiligenstadt, S45 bis Penzing, dann sieben bis zehn Minuten zu Fuß. Finster. Nieselig. In der Notschlafstelle brennt schon Licht. Ein Mann sieht mich durch die Glastür, öffnet, lacht mich freundlich an, keine Zähne im Mund, verschwindet Richtung Küche, wahrscheinlich Brote streichen. Ein anderer kommt. Der Obmann. “Nein”, sagt er, als ich in die Rezeption gehen will um meine Tasche abzustellen und meine Jacke auszuziehen, “Sie dürfen da drinnen heute nichts tun. Sie haben am Sonntag so viele Fehler gemacht, da ist das Nachbessern mehr Arbeit, als wenn man es gleich selber macht. Sebastian macht heute den Check-in. Aber (er ist großzügig) Sie dürfen da bleiben. Im Keller Bettzeug austeilen, in der Küche Brote streichen. Aber da drinnen und bei den Listen dürfen Sie nichts tun. Sie hatten noch keine Einschulung. Die andern, die hier arbeiten, hatten schon eine Einschulung.” “Und wann bitte bekomme ich diese Einschulung?” “Am 12. Dezember. Um 16 Uhr ist hier eine Besprechung. Danach dürfen Sie wieder. Vielleicht.” Sebastian kommt aus der Küche, geht in den Check-in, schaut mich an, zuckt die Schultern: “Ich muss das heute machen.” Ich: “Warum?” Er: “Ich weiß es nicht.” Ich: “Ich gehe.” Er: “Recht hast du.” Ich am Obmann vorbei bei der Tür hinaus. “Sie gehen schon?”

Kann es sein? Nein. Mit meinen Fragen zum Thema Brandschutz hat das Ganze sicher nichts zu tun (siehe die Artikel Der erste Schnupperabend., Der zweite Schnupperabend.). Ich bin einfach zu dumm. Und zu ignorant um die grandiose Chance, die man mir hier trotzdem noch bietet, aufzugreifen, die Hand, die sich immer noch zu mir nach unten streckt, zu nehmen. Immerhin dürfte ich Brote streichen und wenn ich gut genug wäre im Brotestreichen, dürfte ich vielleicht hoffen Betten reservieren zu dürfen (siehe den Artikel Der dritte (erste Dienst)Abend.) … 

Kann es sein, dass ich zornig bin? Nein. Meinen Job habe ich getan. Wenn der Brandschutz aufgerüstet wird, die Mitarbeiter eingeschult werden, die Problematik in den Gehirnen präsent ist, möglicherweise sogar bis zur Leitung des Hauses vordringt, habe ich den Gästen mehr geholfen als mit 365 Abend-Diensten pro Jahr.

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