Den Tag in die Hand nehmen.

Jeden einzelnen.
Und wenn der Tag das nicht zulässt, versuchen seine Hand zu entdecken, ihre Konturen am Horizont.
Ich denke, das sollte man.

Zwiebel und Zucker und ca. 8 Stunden warten,

bis sich der Zucker aufgelöst hat.
“Dreimal am Tag ein Esslöffel von dem Saft und der Husten ist weg.”
Wie der Saft schmeckt? Wie Zwiebel und Zucker …
Vielleicht probier ich’s beim nächsten Husten, wenn ich es schaffe daran zu denken, bevor der Automatismus mich in die Apotheke zerrt.
Ich habe mir das bei den Pflanzen schon so oft [...]

Warum will jemand nicht?

Ich kann es drehen und wenden, wie ich will, ich lande heute immer wieder bei dieser Frage und sie richtet sich an dich und an mich.
Du bist hier und die Realität ist dort.
Du willst mit der Realität nichts zu tun haben.
Die Hände, die sich dir entgegenstrecken, gehören auch zur Realität.
Du schlägst sie aus. Weg.
Du gibst [...]

“Viele erkennen ihre Lage nicht, wollen sie nicht wahrhaben.”

Wer will die Scheiße schon sehen, in der er sitzt? Noch dazu die, die er selber hingeschissen hat.
Wir tun doch alle, als wären wir unsterblich. Sitzen zwischen Atomkraftwerken und -bomben und schwärmen von sauberer Engergie, vergiften uns und die Welt um uns herum jeden Tag ein bisschen mehr. Man tut, was man kann und wenn [...]

Wieso lassen sich die Leute nicht helfen?

Wieso verlässt eine Frau jedes Mal die Gruft, bevor der Louise-Bus (der medizinische Betreuungsbus der Caritas) kommt? Man überlegt mittlerweile schon sie auf Grundlage eines psychiatrischen Gutachtens wegen Selbstgefährdung einliefern zu lassen, bevor es zu spät ist und ihr die Beine abgenommen werden müssen.
Wieso tut ein Mensch so etwas? Wieso schläft jemand sogar bei Minusgraden [...]

Woher kommen die offenen Beine?

Alkohol, Durchblutungsstörungen, nicht zum Arzt gehen …
“Manche stopfen sich Zeitungspapier in die Löcher.”

Vielleicht tue ich ihnen fürchterlich Unrecht.

Aber bei den Sozialhilfebeziehern, die sich fallen lassen und fallen lassen und fallen lassen und fallen lassen und fallen lassen und fallen lassen, packt mich gelegentlich DER ZORN.

FROHE OSTERN!

Man kann von ihm halten, was man will. Als Vorbild ist er in jedem Fall gut genug.

20 Sekunden (oder waren es 40?) und das Dach über dem Kopf ist weg.

Italien. Abruzzen. L’Aquila. So schnell geht das.
Die Erde schüttelt sich ein bisschen und … 10.000. 70.000. 100.000. Die Zahlen fliegen durch die Gegend wie die Milliarden der Konjunkturpakete. Statt Euro/Dollar Obdachlose.

” … auf den Wert dessen aufmerksam werden, was in uns schlummert.

Wir gehen auf Staub verhüllten Perlen.” (Hugo von Hofmannsthal)
Was würde der alte Mann, der sich von seinen Krätzen/Läusen/Flöhen auffressen lässt, zu einem Satz wie diesem sagen?

Die nackten Bäume im Wind sind irre schön.

Sie tragen ihr frisches Gewand noch in sich.
Wir sollten das auch tun:
Uns einmal im Jahr umziehen.
INNEN.

Gelbe Triebe, rote Triebe, grüne Triebe,

büschelweise Knospen vorm Aufplatzen, das erste Gelb in den Sträuchern, das zweite Grün, Krokusse, Primeln, Schneeglöckerln, Bärlauch. Jeder sieht das. Ich bin heuer hinten, ich sehe es erst jetzt, aber jetzt sehe ich es. Heute in zwei Wochen ist Palmsonntag.

Ein paar Tage “Obdachlosenpause”.

Sonst drücken mich die Eindrücke der letzten Wochen an die Wand, jeder ungewohnt und ungewöhnlich genug, damit muss der Organismus erst einmal fertig werden, sie verarbeiten dürfen, verdauen, sortieren, einordnen, auch die Masse an Informationen auseinanderklauben.
Ich werde mir jetzt einen großen Stein in der Sonne suchen, das Jausenbrot, den Apfel und die Saftflasche aus dem [...]

Ich brauche nicht einmal mehr an sie zu denken,

juckt es mich überall. Vielleicht, weil ich nicht aufhören kann an sie zu denken.
Hast dich in den letzten Tagen, Wochen ein bisschen zu weit hinausgelehnt, Mädel. Wieso musst du dich auch auf alles so einlassen, was du tust.Wieso musst du immer alles durchleuchten, bis in den letzten Winkel ausleuchten, dir alles anschauen, jeden Dreck, dir [...]

Manchmal ist es hart die Leute nicht bei ihrem Namen zu nennen.

Viele von ihnen sind Originale, nicht austauschbar, auch ihre Namen sind nicht austauschbar.
Wahrscheinlich gibt es in Wien hunderte mit dem Namen Charly, Eddy, Billy, Adam, Eva und niemand würde bemerken, von wem ich spreche. Trotzdem. Niemand wird hier bei seinem Namen genannt. Das ist die Grenze.
Also bitte ich um Entschuldigung, wenn ich auf eine Packung [...]

Krätze.

Ein ungemein hässliches Wort. Die Milbe, die zu diesem Wort dazugehört, ist ein Spinnentier.
Die Weibchen bohren sich in die Oberhaut und legen dort in den Kanälen Kot und ihre Eier ab. Ihre Absonderungen bringen Bläschen, Pusteln, Quaddeln, alles Unmögliche hervor. Die Männchen gehen nicht in die Tiefe, sie wuseln auf der Hautoberfläche herum und suchen [...]

Heute haben sie es feiner als gestern. Die Sonne scheint.

Halb neun vorbei und +4 Grad. Der Wind geht zwar noch immer, aber es ist immerhin trocken. Und blitzblau.

Null Privatsphäre.

Das würde mir wahrscheinlich am meisten zu schaffen machen. Oder hört man auf der Straße auf etwas anderes als die anderen zu sein? Saudumme Frage. Furchtbar muss das sein.
Keine Tür zum Zumachen. Nicht einmal ein eigenes Kaffeehäferl. Überall nur geduldet. Bestenfalls geduldet. Nirgendwo nicht überflüssig. Immer bitte sagen müssen und danke. Für einen Teller Gulasch [...]

Draußen schüttet es. Der Wind geht.

Heute bleibt man nicht einmal unter dem riesigsten Regenschirm halbwegs trocken. Wer von ihnen hat einen Regenschirm? Wie bringt man einen Tag hinter sich in dieser kalten Nässe? In der Haut derer, die heute in den Notschlafstellen Nachtdienst hatten und sie hinausschicken mussten in der Früh, möchte ich nicht stecken. Wo sind sie? Fast sieben [...]

In der Früh muss ich jetzt oft an sie denken.

Wenn ich aus dem warmen Bett steige und unterwegs bin in die warme Dusche und zum heißen Kaffee. Dass sie jetzt unterwegs sind in die Kälte. Vielleicht kiefeln sie gerade an ihrem alten Brot in der dicken Luft von gestern, suchen einen Rest Rotwein in den Tetrapacks im Mistkübel, einige kämpfen sicher noch mit dem [...]