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Ein Blog ist wie ein Haus. Immer wieder heißt es zusammenräumen, umräumen, herumräumen, sprich: die Einträge hin und wieder durchsehen, die 150%ig überholten mit Nachträgen versehen, neue Kategorien anlegen, wenn neue Einträge in keine der vorhandenen hineinpassen, die vorhandenen ändern, wenn sie sich nicht bewähren, einmal musste ich “unterwegs” sogar den Titel ändern, damit er suchmaschinenfreundlicher ist (Jeschusch Marria …). Nicht jeder macht so ein Getue um sein Blog, das ist mir klar, die meisten haben Wichtigeres zu tun als neue Zwischenwände einziehen, alte herausreißen, die Raumeinteilung von Grund auf ändern sollte ich, sprich: das Schubladen(=Kategorien)system neu überdenken, mein Blog ist ein schrecklich unhausiges Haus, irgendwelche Meerestiere haben vielleicht solche Häuser, die ihre Form ständig verändern, auch ihre Größe, neue Räume tauchen auf, die überdacht werden müssen oder verschwinden … Die Vergangenheit mit der Gegenwart verbinden, während einem die Zukunft die Tür einrennt. Ich bin immer hinten nach.
Im Moment kiefle ich an einer besonders schwierigen Frage: Wie kann ich ein Stück Vergangenheit in der Gegenwart bauen? Sprich: Wie bringe ich die Blog-losen Wochen im September/Oktober (Camino Francés) jetzt hier unter? Mein Blog ist ein Logbuch und ein Logbuch lebt vom Hier und Jetzt. Frische Fußabdrücke einer Reise. Das vom Wind verwehte “Es war einmal” kann man sich sonst wohin stecken. Zwischen zwei Buchdeckel kann man es stecken. Zwischen Buchdeckeln kann man aus der Vergangenheit Gegenwart machen, Zukunft, alles. Man kann die Zeiten durch die Gegend schieben wie Mensch-ärgere-dich-nicht-Männchen. Nur das Hier und Jetzt lässt sich nicht verschieben, nicht nachholen, nicht zwischen zwei Buchdeckel stecken. Im Vergleich zu seinen Verwandten ist es ein Straßenkind. Ein Buch ist etwas Gemachtes, Gebasteltes, Eingekochtes, Komponiertes, Gehauenes, Erhabenes. Es ist etwas Fertiges. Eine zubereitete Mahlzeit, ein Konfekt, eine Giftspritze, ein Werkzeug. Haltbar gemachte (W)Orte. Kleine Ewigkeiten. Ein Blog lebt vom Sterben.
Das heißt: Ich zweige jetzt hier ab

und gehe

schreiben, wie es ist im Morgendunst zu starten

nicht immer in so eine Herrlichkeit hinein

aber immer etwas finden

geschenkt bekommen

von etwas gefunden werden

das einen zum Lachen bringt

auch wenn es vieles gibt, das traurig macht, zornig, hilflos
hin und wieder eine kleine Nuss knacken dürfen

bevor einem das Daheim für die nächste Nacht die Hand entgegenstreckt

jeden Tag ein anderes

aber verlässlich jeden Tag eines

und T-Shirt und Hose im Waschzuber landen

und dann auf der Wäscheschnur

die Botas bei den Botas

der Rest unter der Dusche

der Rucksack sich neben dem Bett fotografieren lässt

während er weiter wandert

und das Handy tröstet, das die Fotos gemacht hat

in fast jeder Lebenslage

sogar beim Sch …

Wann hat man beim Sch … schon so eine Aussicht????????????????????
Mit diesem Satz hat ein (sympatischer, junger) Techniker unserer Hausverwaltung gestern Abend die Eigentümerversammlung eröffnet (um uns anschließend zwei Varianten eines Sanierungsprojektes vorzustellen). Ich MUSSTE ihn aufschreiben. Heute Morgen wanderte er sofort in mein Tagebuch. Und jetzt steigt er hier auf einen Stockerlplatz. Ob er ins Thema passt oder nicht. Das ist ein Titelsatz. Der MUSS hier stehen.
Und ich muss eine neue Kategorie anlegen …
Die niederschwellige Notschlafstelle für Frauen, die ich im Eintrag Lichtblick zu Pfingsten angekündigt habe, kommt nicht. Aber die kalte Jahreszeit kommt. Der Winter.
Matratzenstapel.
Bettgestelle.
Schwarze, pralle Plastiksäcke.
Bücherschachteln.
Geschirrberge.
Vertrocknete Blumenstöcke.
Schachbretter.
Fernseher.
Radios.
Bilder.
Ein paar Möbelpacker.
Eine Flöte. Klein.
Ein Knödelheber.
Arbeitslose Ehrenamtliche.
Verwaiste Fragen.
Ein Foto, das neben einer Grabkerze steht.
Ein Mann von der Hausverwaltung. Er hat die Räume aufgesperrt und wartet, bis er sie wieder zusperren kann.
Sterbebilder. “Für die, die nicht aufs Begräbnis kommen konnten.”
Das war das KUCKUCKSNEST.
Nie davon gehört. Bis gestern. Gestern habe ich eine Anfrage per Mail gekommen, ob ich Lust hätte dort mitzudiskutieren. Es werden Menschen zum Thema “Ich lebe anders als die andern, bzw. ich lebe nach meinen eigenen Regeln” gesucht. Google schließt meine Wissenslücke binnen Minuten: Seit Oktober 1999 täglich Montag - Freitag um 16 Uhr, ORF 2. Durchschnittlich 236 000 Zuseher pro Folge. Erstaunlich. So viele Leute sitzen am Nachmittag vor dem Fernseher. Heute sitze ich auch am Nachmittag vor dem Fernseher. Was sehe ich? Viele geschminkte Gesichter. Nur geschminkte Gesichter. Auch “das Publikum”. Trotzdem. Übernächste Woche habe ich ein Gespräch. Klingt nach Casting. Auswahl. Ich nehme fast an, ich werde als untauglich ausgeschieden. Wäre es nicht besser, ich würde von vornherein ablehnen?
“Alles ist wichtig. Alles ist wertvoll. Viel zu wertvoll, als dass ein Teil davon ausgeschieden werden dürfte.”
Habe ich das am Camino begriffen oder nicht? (Das Bedürfnis alles in Worte zu pressen verschwindet.) Hat uns Erhard diesen Auftrag hinterlassen oder nicht? (Riesige Fußstapfen.) Also. Feigling. Nur keine falsche Vornehmheit.
Gehört das in dieses Blog? Jetzt wird es schwierig …
Ich bin wieder da und sollte dringend, dringendst Texte basteln für die zwei Lesungen nächste Woche. Aber da ist etwas, das noch viel dringender ist: DANKE sagen. Ein riesiges DANKE einem, der, während ich in Spanien 700 km gegangen bin, einen anderen Camino eingeschlagen hat.
Erhard Pichler, die Seele, das Herz der Notschlafstelle KUCKUCKSNEST, ist tot. Er ist völlig überraschend am 30. September an einem Herzinfarkt gestorben. Das war das erste Mail, das ich nach den sechs internetlosen Wochen aus meinem vollgestopften Outlook gefischt habe. Es ist mich angesprungen wie ein junger Hund. Und wie jedesmal, wenn ein Mensch aus meiner unmittelbaren Umgebung von heute auf morgen verschwindet, sich in Luft auflöst, als hätte er eine Tarnkappe aufgesetzt, spüre ich, wie hauchdünn das ist, das uns von der anderen Seite trennt, mit Sicherheit nicht dicker als unsere Augenlider und dass wir sie irgendwann öffnen werden können wie Katzenbabys. Und genauso regelmäßig schießt mir ein Satz ins Hirn: CARPE DIEM. Ich habe diesen Satz hunderte Male gelesen, in fetten Großbuchstaben auf einem Plakat an der Eingangstür zu einem Hospiz, in dem ich mitgearbeitet habe.
Erhard hat diesen Satz gelebt. Jede Minute ausgefüllt mit Sinn. Das “Lose” hat er weggelassen, ausgegrenzt, er hat es in den Müll geworfen. Dabei gehörten die letzten Jahre seines Lebens den Ausgegrenzten, den Obdachlosen, “dem Müll der Gesellschaft”. Er hat diese Grenze nicht gelten lassen. Ihm war jedermensch wichtig. Und je ausgegrenzter (von sich selbst oder/und den anderen), desto wichtiger, desto vehementer und bedingungsloser hat er diesem/n Menschen seine Hand entgegengestreckt. Aber bevor ich ins Schwärmen komme, mache ich einen Punkt. Nur eine Anmerkung noch: Er hat dafür keinen Cent bekommen. Man hat ihm sogar die Notstandshilfe gestrichen, weil er nicht bereit war, seinen unbezahlten rund-um-die-Uhr-Job im Kuckucksnest gegen einen bezahlten Job einzutauschen oder zeitlich derart einzuschränken, dass er einen bezahlten annehmen hätte können.
Danke, Erhard! Wir brauchen Verrückte wie dich. Wir brauchen im Moment fast nichts dringender als diese leuchtend gelben Pfeile am Wegrand. Buen camino! (Wünsche ich uns allen.)
Eine letzte Anmerkung noch: Riesige Fußstapfen bleiben nicht leer. Und sei es, dass der eine oder andere hineinfällt und nicht mehr herausfindet …
Heute habe ich einen Tag Pause, weil mich meine Fuesse keinen Kilometer weiter getragen haetten. Ich habe von gestern auf heute 20 Stunden geschlafen, das Fieber hat sich verabschiedet, die Verkuehlung hoffentlich auch und die Magenverstimmung. Die restliche Zeit des Tages nutze ich um meine Waesche zu waschen, meinen Rucksack auszumisten und hier, in meinem Blog, reinen Tisch zu machen.
Ich bin jetzt etwas mehr als zwei Wochen unterwegs. Die Tage waren so voll wie die Kochtoepfe meiner Mutter es sind (sie kocht leidenschaftlich gern und viel) und wenn ich wieder zuhause bin, wird es mir eine Freude sein, Tag fuer Tag noch einmal durchzugehen und das eine oder andere hier festzuhalten. Ich habe in einer Kirche geschlafen, wir haben bei Kerzenlicht gekocht, mit der Stirnlampe an einer Quelle Geschirr gewaschen, ich bin in der Nacht bei Mondschein auf das nicht vorhandene Klo hinter den Baeumen gegangen, ich habe mit 90 Menschen in einem Raum geschlafen, auf Matten am Boden, in Stockbetten, oben und unten, habe mir vielleicht einen Floh gefangen, bin wie ein Gespenst verkleidet den ganzen Tag durch den Regen marschiert, bei strahlendem Sonnenschein durch die herrliche Leere der Meseta, erlebe jeden Tag, wie Menschen aus allen Erdteilen nicht nur wunderbar miteinander auskommen koennen, sondern es auch mit viel Freude und Interesse aneinander tun … Viel gibt es zu erzaehlen. Aber nicht jetzt.
Spaeter wird es mir eine Freude sein, jetzt waere es mir eine Last. In diesem Sinn: Adios!
Eine Minderheit, angeleachelt, belaechelt, geachtet, geduldet jedenfalls.
Nachtrag vom 15.11.09: Aus der ganzen Welt kommen sie um sich hier die Füße wundzulaufen, sich gegenseitig in der Nacht die Ohren vollzuschnarchen und trotzdem miteinander auszukommen. Amerika, Kanada, Australien, Neuseeland, Südafrika, Südkorea, China, Japan, … Europa sowieso. Nur Russe ist mir keiner begegnet. Und mit jedem von ihnen passiert etwas, ob ihm das bewusst ist oder nicht, zumindest mit denen, die sich auf ein Minimum an Herbergsleben einlassen: Er wird Teil des Organismus “Pilger”. Aus dem “Ich” wird ein “Wir”. Das passiert einfach, wie ein Wassertropfen in einen Fluss fällt. Selbst chronische Querköpfe und Einzelgänger wie ich können sich dem nicht entziehen. Vielleicht, weil die Individualität des Einzelnen dabei nicht angetastet wird.
Eine Kategorie Menschen fehlt allerdings. Die “H.C.Straches” kommen nicht.
Haende strecken sich dir entgegen. Man beruert einander nicht wirklich, aber man fliesst miteinander. Nachtrag vom 15.11.09: In einem Flussbett aus gegenseitigen “Buen Camino!”s, Jakobsmuscheln, Pilgermännchen und gelben Pfeilen. Auf den Straßenschildern, Hauswänden, Baumstämmen, Laternenpfählen, Steinen, im Boden eingelassen. Das ist gewöhnungsbedürftig. Diese Geborgenheit. Sich von Zeichen leiten lassen, den Weg weisen lassen durchs Unbekannte. Keine Ahnung haben, wo man ist und trotzdem wissen, dass man richtig ist. Aufmerksam sein müssen, die Augen offen halten, die Gedanken nicht zu sehr abschweifen lassen. Und wenn da trotzdem kein Pfeil ist, kein Männchen, keine Muschel, stehenbleiben und schauen. Irgendwo ist etwas. Sei es, dass ein anderer Pilger auftaucht, sei es, dass ein Einheimischer von irgendwoher brüllt: “Peregrina!” und deutet: “Camino!” Es kommt sogar vor, dass Autos stehen bleiben. Pilger sind in Spanien gut aufgehoben. Sie gehören dazu. Nicht nur als Wirtschaftsfaktor. Sie genießen etwas wie Immunität. Eine ganz eigene Mischung aus Achtung und …

Das einzige Wort, dass mir zu diesem Verkehrszeichen einfällt, ist Idiotenschutz. Oder bzw. und Schutz vor Idioten?
Vielleicht, weil man, wenn man schreibt, unterscheidet, ausscheidet, was man nicht schreibt, weil das, was man nicht schreibt, neben dem Geschriebenen verblasst, irgendwann verschwindet. Und ich will nicht mehr, dass etwas verschwindet. Ich will das Ganze. Ich will aufhoeren zu unterscheiden, zu werten, ich will nichts hervorheben, weil alles wertvoll ist, viel zu wertvoll, als dass ein Teil davon ausgeschieden werden duerfte als “weniger”, als “der Rest”.
Man hoert auf unterscheiden zu wollen zwischen dem, was wichtig ist und daher festgehalten werden muss/soll und dem anderen, weil man anfaengt zu begreifen, dass alles wichtig ist. Alles kann man aber unmoeglich festhalten, sonst wuerde man auf der Stelle aufhoeren muessen zu gehen, mit allem würde man aufhoeren muessen, wuerde man alles festhalten wollen, weil man nur mit Schreiben beschaeftigt waere.
Das war meine Erkenntnis vom zweiten Tag.
Der erste Internetanschluss. Unter einem laufenden Fernseher in einer Herberge, die so gemuetlich ist wie der Strand in Jesolo. Also schnell. Nein. Nicht schnell. Die Tastatur ist hier anders. Keine Umlaute, das Z ist links unten statt in der Mitte oben … Vielleicht besser gar nicht. Hier geht es sorgfaeltig zu. Bedachtsam. Aufmerksam. Nicht hudeln.
Also wird das mit den regelmaessigen Blogeintraegen wahrscheinlich nichts. Ich habe mir das in den letzten Tagen schon gedacht. Es gibt erstens kaum Internetanschluesse und wenn doch, hat man keine Ruhe beim Schreiben. Ausserdem ist das Internet so weit weg hier. Es gehoert nicht so recht in diese Wochen hinein, zum Camino dazu. Oder doch? Vielleicht finde ich eine Moeglichkeit in den naechsten Wochen. Eine Tuer ins Web, durch die ich mit Freude gehen kann. Denn alles, was hier passiert, passiert mit Aufmerksamkeit, Freude. Und wenn mir die Fuesse weh tun und ich muede bin am Abend, habe ich keine Freude am Computer zu sitzen.
Also dann. Bis irgendwann. Nur soviel: sehr zu empfehlen, der Camino. Und: Ich hole das Schreiben nach.
Rucksack fix fertig. Alles andere hoffentlich auch. Morgen um 12:20 Uhr Abflug. Madrid umsteigen. Pamplona 17:10 Uhr. Wettervorhersage schaut nicht gut aus. Regen auch in Pamplona. Fast die ganze Woche Regen in Pamplona. Regenjacke und Regenponcho ganz oben im Rucksack. Meine Periode ist auch im Anzug. Und nervös bin ich … Trotzdem:
ULTREJA!
Eine super Idee von Antonia Schubert und Erhard Pichler für ein neues KUCKUCKSNEST: Das (ehemalige?) Weisselbad als “betreute Schlaf- und Futterstelle für obdachlose Menschen und Tauben.” Ein Schreiben an den Herrn Bezirksvorsteher gibt es schon. Ein Treffen in den nächsten Tagen ist wahrscheinlich.
Ich würde gern viel mehr darüber und dazu schreiben, aber die Zeit reicht nicht mehr. Morgen um die Zeit sitze ich schon in Pamplona und habe hoffentlich schon ein (Stock?)Bett gefunden. Aber wenn ich zurückkomme, gibt es sicher viele Neuigkeiten zu diesem hoffentlich(!) neuen Nest!
Alles Gute für euch beide Idealisten!
Und jetzt werde ich gleich von meinem Mann und meinem Sohn zu einem wunderbaren Abendessen gerufen werden: Schweinsfischerl mit Rosmarin, dazu Kartoffel- und Rukkolasalat (der eine mit Sauerrahm-Zwiebel-Marinade, der andere mit Balsamico und Kernöl). Und. Da ist er schon der Ruf: “Frau!!! Mampfen!!!”
Nachtrag vom 12.11.09: Neuigkeiten vom Nest gibt es … Riesige Fußstapfen und Ein Nest fällt vom Baum.
weniger
mehr
sein
kann kann
nahezu
nichts
fast
alles.
Auf solche Eintragungen wird man sich in den nächsten Wochen gefasst machen müssen …
für die, die schmökern wollen:
Jakobsweg(e):
Wetter auf den spanischen Wegen:
Trekkingausrüstung:
Pilgerführer:
Ursprünglich ja. Seit dem ersten Probelauf NEIN. Außerdem: “Die Bilder sind im Kopf und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie …” Außerdem: Das Handy ist ja auch noch da …
Aber ich habe nicht vor viel zu fotografieren. Man vertut sich den Moment, wenn man ihn einfangen will. Schmetterlinge sind Schmetterlinge, solange sie fliegen (können).
Nachtrag vom 16.11.09: Müsste ich die Entscheidung noch einmal treffen - ich würde ihn mitnehmen.
Trekkingausrüstung:
- Lowa-Schuhe 160 €
- Rucksack 130 €
- 2 billige Funktions-T-Shirts je 20 €
- 1 Wanderhose 120 €
- Regenponcho 46 €
- Gamaschen 30 €
- 1 Funktionsunterhose 20 €
- Hut 20 €
- superleichtes Handtuch 23 €
- Häferl und Besteck 9 €
- Waschmittel für Körper und Kleider 4 €
Alles andere habe ich oder kann ich mir ausborgen (Schlafsack, Stirnlampe, Bauchtasche - eine unterm T-Shirt für Pass, Flugticket, Karten, eine überm T-Shirt für Geldtasche, Pilgerpass, Handy, Schreibsachen, Reiseführer -, Funktionssocken, Regen/Windjacke, Pullover, Taschenmesser, Trekkingsandalen, zweite Hose, … ). Falls man sich das auch noch alles kaufen muss/will, kommt man bei der Ausrüstung, wenn sie halbwegs brauchbar sein soll, unter 1000 € sicher nicht weg.
Sonstiges:
- Flüge (Wien-Madrid-Pamplona und Santiago de Compostela-Madrid-Wien) 340 €
- Reiseversicherung 60 €
- Spritzenkur für mein rechtes Knie 130 €
- Sporteinlagen, die ich nicht mitnehme, weil ich mir mit ihnen Blasen auf den Fußsolen züchte, 26 €
- Pilgerausweis 5 €
- 2 Bücher 20 €
- Roaminggebühr Handy 09/10 je 60 Minuten 30 €
- Medikamente/Pflaster/Hirschtalg/Magnesium 30 €
Kosten vor Ort:
- Übernachtung in Pilgerherbergen: zwischen 5 und 15 € (je nach dem, ob öffentlich oder privat)
- Pilgermenü (am Abend): drei Gänge einschließlich Brot und Wein 9-10 €
- Essen zwischendurch bzw. Jause je nach Laune und Geldbörse
Ich habe vor nicht viel mehr als 20 € pro Tag auszugeben. 39 Tage bin ich einschließlich An- und Abreisetag unterwegs. 39 x 20 = 780 €.
Kosten insgesamt daher
ziemlich genau 2000 €. Da darf aber nichts Unvorhergesehenes dazwischen k0mmen und mir dürfen die Nerven in den Pilgerherbergen nie durchgehen … Da ich nicht glaube, dass das so sein wird, kalkuliere ich 2500 - 3000 €. Diese Wanderung soll ja ein Erlebnis und kein Bußgang werden.
Nachtrag vom 16.11.09: 1) Ich habe durchschnittlich 21 € pro Tag ausgegeben. 2) Pilgerherbergen sind gut für die Nerven.
Wann ist nicht der 11. September?
Oder macht es einen Unterschied, ob Menschen in die Luft fliegen oder verhungern? Das mit den Flugzeugen war Absicht. Fahrlässige Tötung ist auch kein Dreck. Jeden Tag. Den ganzen Tag (die Exporte subventionieren, die Einfuhren drosseln, die Fischereirechte aufkaufen, den Regenwald abholzen, eine Lebensgrundlage nach der andern entziehen, die Ozonwerte in die Höhe schnalzen, Dürren produzieren, Klimakatastrophen beschleunigen, die Außengrenzen dicht machen, die selbst produzierten Flüchtlinge weit von sich schieben hinter den unsichtbaren Stacheldrahtzaun … ).
Wer nicht? Ich gehe dabei Pilgern.
Apropos Pilgern und Sünden: Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber es gibt ihn immer noch: den Ablass
“Wenn der Jakobustag, der am 25. Juli gefeiert wird, auf einen Sonntag fällt, ruft die katholische Kirche seit jeher das Heilige Jahr in Compostela aus. Wer in diesem Jahr das Apostelgrab durch die dann geöffnete heilige Pforte der Kathedrale kommend besucht und an verschiedenen weiteren religiösen Akten teilnimmt, erhält einen vollständigen Ablass von den Sündenstrafen.” (Outdoor-Handbuch aus der Reihe “Der Weg ist das Ziel”, Band 23, Raimund Joos & Michael Kasper, Spanien: Jakobsweg, Camino Francés, 12. aktualisierte Auflage 2009, Conrad Stein Verlag GmbH, 59512 Welver, Seite 21)
Das nächste Heilige Jahr wird 2010 stattfinden.
Nach dem Motto etwas weglassen = etwas dazugewinnen müsste ich es da lassen. Mein Bauch sagt das auch.
Ich nehme es trotzdem mit.
Nachtrag vom 16.11.09: Das “trotzdem” war gut. Sehr gut.
Und die Erkenntnis: Wer zwei Ärzten die gleiche Frage stellt, ist selber schuld …
- Sie: Druckstellen nie (!) abkleben - Pilgerführer: Druckstellen sofort (!) und immer (!) abkleben
- Sie: Blasen aufstechen (und Betaisadonnasalbe drauf) - Arzt: Blasen nie (!) und Pilgerführer: Blasen eher nicht aufstechen
Etwas Gemeinsames aber auch:
Ein unendlich mitleidiger Blick, als ich sage, ich werde es für’s Erste mit 15-20 km pro Tag probieren. (Sie rennt zwischen 35 und 40 und mehr.)
Der wichtigste Satz auf Spanisch: DONDE ESTA UNA HABITACION?
Nachtrag vom 15.11.09:
- Ich habe diesen Satz kein einziges Mal gebraucht (weil ich immer - und von Tag zu Tag lieber - in Herbergen geschlafen habe).
- Ich habe die Socken nicht oft, aber immer wieder gewaschen.
- Ich hatte weder ein Problem mit Blasen noch mit Druckstellen.
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in Notschlafstellen mitarbeiten, Erfahrungen, Gedanken, Fragen in dieses Blog werfen wie gewürfeltes Gemüse in einen 10 Liter-Topf (so groß sind die Töpfe für die Eintöpfe dort), dem Wort obdachlos nachgehen, aus den Notschlafstellen hinaus, das Etikett „wohnungslose Menschen“ herunterkratzen von diesem Begriff, der so riesig wie die Straße lang ist und so viele Gesichter hat wie sie, das eine oder andere entdecken, in dieses Blog werfen wie Gemüsewürfel, auf der Straße gibt es keine Topf- und keine Buchdeckel, sie ist endlos wie der Himmel, also stirbt auch die Hoffnung nie
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