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erzählen zwei Mitarbeiter eines Übergangswohnheimes.
“Früher sagte man dazu ‘Lebendkontrolle’. Jetzt darf dieser Begriff nicht mehr verwendet werden.”
Der Aufenthalt in diesem Heim sei befristet auf zwei Jahre, theoretisch, denn viele Bewohner könnten nicht weitergegeben werden an Wohnheime bzw. Einrichtungen für betreutes Wohnen, weil die Bewilligung wohl da, aber kein freier Platz vorhanden sei.
“Viele erleben ihren Wohnplatz im wahrsten Sinn des Wortes nicht mehr.”
Und 50.000 Euro Schulden beim Staat.
“Dad i orwat’n, dadn’s mi pfänd’n bis auf’d Untagati.”
Sozialhilfebezieher. Plusminus fünfzig. Tiroler.
“Owa i bi stoiz auf meine siem! Oi kerng’sund!”
Zur Zeit ist er mit einer Spanierin zusammen. Eine sehr sympathische Frau.
“Mia kinnan ins nit streit’n. Sie ku nit Deitsch und i ku nit Spanisch und Englisch ku i a nit.”
Die zwei Euro für die Übernachtung der beiden in der Notschlafstelle bezahlt sie.
Man kann von ihm halten, was man will. Als Vorbild ist er in jedem Fall gut genug.
Die Frau dürfte um die sechzig sein. Nicht groß, nicht dick, bis auf das Gesicht, das Gesicht ist dick und dunkelblau. Geduldig steht sie vor der verschlossenen Tür und wartet. Ich läute.
“Einlass ist erst ab 18:30 Uhr”, klärt sie mich auf.
“Kommen Sie öfter hierher zum Schlafen?”
“Jeden Tag.”
“Und wie lange schon jeden Tag?”
“Vier Jahre.”
Müde schaut sie aus. Muss anstrengend sein in ihrem Alter den ganzen Tag auf der Straße. Ich denke mir das jetzt oft. Was Menschen alles aushalten.
Die äußere Eingangstür wird aufgesperrt und aufgemacht. Einlass ist noch nicht. Es ist erst 17:30 Uhr. Aber im Eingang steht eine lange Bank. Sie setzt sich. Wartet. Ist froh, dass sie sitzen kann. Noch eine Stunde.
“Seit fünf Jahren kommt sie zu uns. Sie war eine der ersten. Sie wohnt quasi hier. Sie ist schwere Alkoholikerin. Die Windeln bekommen wir von einer Apotheke und wir achten darauf, dass sie sie wechselt. Wenn sie pflegebedürftig wird, wird es schwierig.”
“Herr Huber! Da sind Sie ja! Wir haben Sie schon vermisst! Wo waren Sie? Wieder im Krankenhaus?”
Der Mann nickt.
Wir freuen uns, dass Sie wieder da sind!”
Er lächelt. Euro hat er heute keinen. Das macht nichts.
Die Leiterin später erklärend zu mir:
“Er schaut immer so aus. Er trinkt, bis er umfällt. Außerdem ist er Epileptiker. Er ist immer wieder im Krankenhaus. Wenn er nicht im Krankenhaus ist, kommt er am Abend meistens zu uns in die Notschlafstelle.”
Alter? Ich würde sagen, zwischen 35 und 40.
Dabei ist er nicht größer als ich. Aber er strahlt wie die Sonne höchstpersönlich.
“Gratulation, Herr Maier! Wir haben es schon gehört!”
Die Ehrenamtliche neben mir schüttelt ihm die Hand, lacht von einem Ohr zum andern. Dann bin ich an der Reihe. Ich weiß nicht, worum es geht, es ist mein zweiter Abend hier.
“Herr Maier hat die Prüfung zum Flugbegleiter bestanden!”
Er deutet auf ein Abzeichen, das er am Pullover stecken hat. Lacht.
“Ein ganzer Haufen Feuerwehrleute und ich. Ich war der Beste! Ein Obdachloser der Beste!”
Ein Kurs am Flughafen in Stockerau. Ein Ehrenamtlicher, der etwas damit zu tun hat.
“Nächste Woche ist die Praxis-Prüfung.”
Später frage ich ihn, wie er auf der Straße gelandet ist.
“Vor ein paar Jahren ist meine Frau gestorben, sie hatte Krebs, und ein Dreivierteljahr später ist unsere einzige Tochter bei einem Unfall gestorben.”
Er lacht jetzt nicht mehr, aber sein Gesicht ist freundlich.
“Ich habe mich fallen lassen. Alles andere geht dann sehr schnell. Nach ein paar Monaten war ich auf der Straße.”
Er schaut mich an. Nickt.
“Hinunter geht es schnell. Wieder hinauf nicht.”
Die Hand, die sich mir entgegenstreckt.
Der Mann, der zu dieser Hand gehört, ist schlank, nicht groß, 35 Jahre alt (sagt er, ich hätte ihn auf maximal 25 geschätzt), vorne fehlen ein paar Zähne, die Haare auf der Seite ganz kurz, oben lang, ganz oben blond gefärbt, Rossschwanz, schwarze Lederjacke, dicker Ring, säuft wie ein Loch.
“Danke!”
Er lacht.
“Wir sind verrückt, weil wir auf der Straße leben. Aber Sie sind auch verrückt. Weil Sie uns helfen.” (Mit “Sie” meint er uns alle, die wir freiwillig in dieser Notschlafstelle mitarbeiten.)
“Würden wir jetzt nicht hier sein können, würden wir irgendwo sitzen und uns zuschütten bis zum Anschlag.”
Neben ihm sein kleiner, dünner, sehr lebendiger Hund und eine sehr umfangreiche Verlobte mit rosarot/orangen Haaren, 17 Jahre alt (sagt er, ich hätte ihr ein paar Jahre mehr gegeben).
“Sie tut mir gut. Ich werde sie heiraten.”
Warum er so viel trinkt?
“Meine Eltern sind beide tot. Sie haben sich beide zu Tode gesoffen. Was glauben Sie, werde ich tun?”
Italien. Abruzzen. L’Aquila. So schnell geht das.
Die Erde schüttelt sich ein bisschen und … 10.000. 70.000. 100.000. Die Zahlen fliegen durch die Gegend wie die Milliarden der Konjunkturpakete. Statt Euro/Dollar Obdachlose.
Zwei Tage durch die Stadt. Ich brauche GESICHTER zu den Namen.
Ich muss mir unter P7, bzWO, JOSI … etwas vorstellen können, ich will wissen, wie ein Sozialmarkt ausschaut, wo die Leute aus den Notschlafstellen den Tag verbringen können, wenn es draußen schüttet, mir die wichtigsten Anlaufstellen anschauen, selber mit diesen Orten Kontakt aufnehmen.
P7 - Wiener Service für Wohnungslose (Caritas Wien) www.wien.gv.at
Laut WienPlan: Vermittlung von Nachtquartierplätzen, Beratung, Erst- und Notversorgung. Öffnungszeiten Mo-Fr 8 - 18 Uhr, Sa, So, Feiertage 9 - 16 Uhr.
Eingangstür geschlossen, an der Tür zwei große, grüne Zettel, auf diesen Zetteln geht es in großen Großbuchstaben um die Nachtnotaufnahme - Männer ab 23 Uhr im U63, Frauen ab 21 Uhr im FrauenWohnZentrum, Männer nur über Intervention Polizei, Rettung, Frauen offenbar auch ohne. Die Tür lässt sich nicht öffnen, verschlossen, versperrt, niemand da? Ich läute. Der Türöffner summt. Aha. Kontrollierter Einlass.
Außer mir keine Kundschaft. Ein junger Mann am Empfang/Schalter, vielleicht ein Zivi, vielleicht nicht, sympathisch auf jeden Fall. Freundlich. Außer ihm sei im Moment leider niemand da.
“Die anderen sind alle bei einer Besprechung.”
Ob ich nicht ein anderes Mal kommen will, ein Sozialarbeiter hat dann sicher Zeit für mich, den Leiter kann ich auch anrufen und mir mit íhm einen Termin ausmachen, er ist nur jetzt auch bei dieser Besprechung.
“Ich kann Ihnen nur ein paar Prospekte mitgeben, die anderen könnten Ihre Fragen viel besser beantworten.”
Ja, P7 ist die erste Anlaufstelle für Wohnungslose. Über 18 (Jahre alt) müssen sie sein. Und anspruchsberechtigt nach dem Wiener Sozialhilfegesetz sollen sie sein. Woher die Leute wissen, ob sie anspruchsberechtigt sind? Das wird mit den Sozialarbeitern hier abgeklärt. Und woher wissen die das auf die Schnelle? Die Leute, die hierherkommen, wollen ein Bett für die Nacht und nicht warten, bis irgendwelche Ansprüche abgeklärt sind. Dazu gibt es Richtlinien vom FSW (Fonds Soziales Wien). Wie ist das mit Alkohol in den Häusern? Von Haus zu Haus verschieden. Eine Kundschaft kommt. Ich gehe. Einen Eindruck habe ich. P7 hat jetzt ein Gesicht.
bzWO - Beratungszentrum Wohnungslosenhilfe (Fonds Soziales Wien) www.wien.gv.at
Laut WienPlan: Zuweisung von betreuten Wohnplätzen, Informationen über Leistungen der Wiener Wohnungslosenhilfe. Komplizierte Öffnungszeiten. Ganz offensichtlich keine Erstanlaufstelle. Termine nur nach telefonischer Vereinbarung.
Vielleicht sollte ich anrufen, ob es günstiger ist noch vor oder erst nach der Mittagspause. Nein. Heute geht es überhaupt nicht. Ohne telefonische Anmeldung und Termin überhaupt nicht. Auch gut. Auch ein Gesicht.
Asylzentrum - Servicestelle der Caritas (www.caritas-wien.at)
Nicht im WienPlan. Keine Einrichtung der Wiener Wohnungslosenhilfe. Hier geht es um Flüchtlinge, Asylwerber, Grundversorgung.
Alle Türen offen, überall Leute, aber nicht laut oder ungut, nur ein reges Kommen und Gehen, durch einen kleinen Innenhof, ein größerer Raum, in dem Leute sitzen und warten, auf einer Seite Schalter wie am Bahnhof, die Anmeldung, “bitte eine Nummer ziehen”, dort ist allerdings niemand, zumindest nicht vor dem dicken, zugezogenen Vorhang, vielleicht dahinter, dahinter ist Licht, es will auch niemand etwas bei/von dieser Anmeldung, keiner steht dort, alle sitzen, offenbar weiß jeder, worauf oder auf wen er wartet. Eine Frau kommt bei einer Tür heraus, eine Dolmetscherin oder Sachbearbeiterin, vielleicht beides, spricht mit einem Mann, der wartet, keine Ahnung, welche Sprache das ist, die Frau ist sehr freundlich, sehr sympathisch, dann spricht sie ein paar Sätze reines Deutsch, dann wieder diese andere Sprache, dann verschwindet sie wieder. Der Mann setzt sich wieder.
Nein. Hier hat niemand Zeit für mich.Ich werde auch niemand suchen und fragen. Käme mir dumm vor den Leuten die Zeit zu stehlen. Ich schaue mich um, das genügt, ich will ja nur einen Eindruck mitnehmen. An einer Pinwand ein Plakat: Flüchtlingsberatung am AsylGH, durch Flüchtlingsberater der Caritas, jeweils Mittwoch 8:30-12:30 Uhr, Saal 2. Es besteht auch die Möglichkeit einer kostenlosen rechtlichen Vertretung. Im Raum vor dem Warteraum an der Wand Prospekte. Deutsch, Französisch, Russisch, Chinesisch, alles Mögliche. Ich nehme mir zwei davon.
SOMA-Sozialmarkt (wien.hilfswerk.at)
“Heute wegen Umbau geschlossen”. Ein Blick durch die Glasfront. Schaut groß aus. Wie ein Supermarkt. Noch ein Anschlag: “Öffnung des SOMAS um 10 Uhr. Nummernausgabe für die Ausstellung des Einkaufspässe ab 9:30 Uhr … bla, bla, bla, … Das Betreten des SOMAS ist nur mit gültigem Einkaufspass gestattet.”
Ich stehe eine Weile. Immer wieder kommen Leute und wollen hinein, vorwiegend Frauen mit Kinderwagen und Kindern. Dann entdecken sie das Schild und gehen wieder.
Vinzi Markt (www.vinzi.at)
Nicht geschlossen, viele Informationen vor dem Eingang, ich lese keine, nur “ehrenamtliche Mitarbeiter werden gesucht”, ich gehe hinein.
Nicht groß. Die Frau an der Kassa ist freundlich, die Leiterin, die sie für mich holt, auch. Freilich kann ich mich umschauen. Der Markt bekommt die Sachen gratis, entweder Spenden oder die Verpackung ist beschädigt, oder die Ware ist abgelaufen, aber noch gut, alles, was sonst weggeworfen würde. Viel würde sonst weggeworfen.
Die lila Schokoladehasen und ein paar Packungen Waffeln machen einen recht einsamen Eindruck in dem großen Regal, Süßigkeiten gibt es nicht viele, daneben türmt sich das Calgonit, Calgonit in Massen, gegenüber ein Kleiderständer, Nachthemden in Reih und Glied neben dem Schrank mit den Tiefkühlsachen, ein Trittroller, “Wir nehmen alles, was wir kriegen.”, Obst und Gemüse ein bisschen überbraucht, frische Wurst sehe ich nicht, Käse auch nicht, viele “Waren abgelaufen aber in Ordnung”, vor allem bei den Milchprodukten.
Insgesamt: nicht viel. Verglichen mit einem “normalen” Supermarkt gar nicht viel. Mager.
JOSI - Tageszentrum für Obdachlose und Straßensozialarbeit (www.wien.gv.at)
Öffnungszeiten: täglich 9 - 18 Uhr (365 Tage im Jahr), Anschrift: U6-Station Josefstädter Straße. Zweck: ein um-und-auf-und-rundherum-Betreuungszentrum wie die Gruft, d.h. man kann sich dort nicht nur aufhalten, es gibt auch Information, Beratung, Betreuung durch Sozialarbeiter, Vermittlung von Schlafplätzen in Zusammenarbeit mit P7, frische Kleidung, die Möglichkeit sich und seine Sachen zu waschen, Sachen zu deponieren, auch ambulante medizinische und therapeutische Dienste kommen hin u.u.u., sogar eine Josi-Band gibt es, vielleicht als Pendant zur Fußballmannschaft der Gruft. Das einzige, was man dort nicht kann, ist schlafen und wer etwas essen will, kann sich in der Gemeinschaftsküche selber etwas kochen oder muss mit einem Marmeladebrot zufrieden sein. Fassungsvermögen bis zu 150 Personen. Und kein Mensch sagt Tageszentrum. “Die JOSI” heißt es. Oder “die Josefstädterstroß´n”.
Im Gegensatz zur Gruft ist “die JOSI“ von außen nicht zu übersehen und wenn man in eine andere Richtung schaut, kommt man auch nicht um sie herum, es sei denn, man ist gehörlos. Mein erster Eindruck: Der Eingang in die Unterwelt könnte so ausschauen, verdeckt und belagert von einem Haufen zerlumpter, wankender, furchtbar verwahrloster Gestalten, die grölen, streiten, schreien, diskutieren und die umfassendsten Bewegungen machen, während sie mit ihren Bierdosen herumfuchteln oder sich an den Hälsen ihrer Doppler festhalten. Ein paar Nebelschwaden, vielleicht ein Skelett, es wäre perfekt. Würde einem von ihnen plötzlich das Fleisch von den Knochen fallen oder ein Pelz wachsen, es würde mich nicht wundern. Wer nicht den festen Vorsatz hat sich diesen Ort auch von innen anzuschauen …
Ich stehe eine Weile und schaue und überlege, was jetzt zu tun ist, dann hole ich tief Atem und tauche durch den Haufen durch und bei der Tür hinein. Drinnen ist es nicht gerade gemütlich wie in einem Kaffeehaus, aber die Unterwelt ist draußen vor der Tür und sie bleibt auch draußen. Im Tageszentrum selbst darf nicht getrunken werden, auch gegrölt und gebrüllt wird hier nicht. Und soweit ich das beurteilen kann, funktioniert das auch. Bis auf eine Frau, die an einem PC sitzt, sehe ich nur männliches Personal und zwar ein paar kräftige, junge Männer. Ein Raum ist für Raucher, ein anderer für Nichtraucher, in dem läuft der Fernseher. Ein paar bekannte Gesichter. Groß ist die Welt der Obdachlosen nicht. An der Theke aufgeschnittenes Brot und Marmelade.
Einer der jungen Männer nimmt sich meiner an, ganz freundlich, redet mit mir, beantwortet meine Fragen, während er herumwerkt, aber nicht lange. Eine Gestalt wankt bei der Tür herein, auf die Theke und das aufgeschnittene Brot zu, siehe da, schon wieder ein bekanntes Gesicht, klaubt in den Brotscheiben herum, schreit und spuckt dem jungen Mann ins Gesicht, warum es hier nichts Ordentliches zu Essen gibt, nur Marmeladebrote. Es ist Konrad mit seinen tiefschwarzen Fingernägeln und dem penetranten Geruch (ich nenne ihn für mich den kleinen Stinker). Ich beobachte den jungen Mann. Ruhig wischt er sich den Konrad´schen Sprüregen aus dem Gesicht und vom Pullover.
“Du spuckst, Konrad.” Ganz freundlich.
“Ich spucke? Ich spucke doch nicht!” Der nächste Strahl.
“Und du hast hier Hausverbot, Konrad. Das weißt du genau.”
Und bevor Konrad zum nächsten Duschstrahl ansetzen kann, steht er schon draußen vor der Tür. Sanft, aber blitzschnell hinausgeschoben. Das habe ich mir in der Gruft schon gedacht: Die Leute, die in diesen Einrichtungen arbeiten, sind super. Der junge Mann steht jetzt vor der Tür. Innen. Konrad brüllt draußen. Ein paar Leute wollen herein. Der junge Mann gibt einem anderen jungen Mann ein Zeichen und der lotst die Leute bei einer Nebentür herein. Dann deutet er mir und zeigt nach hinten. Einer der Sozialarbeiter ist jetzt frei.
“Fünf Minuten habe ich Zeit. Dann kommt der Nächste.”
Er nimmt mich mit in ein Besprechungszimmer. Zwei Fragen. 1) In “der JOSI“ werden, so wie in der Gruft, nur die Leute im Rahmen der Wiener Wohnungslosen(also Sozial)hilfe betreut, alle anderen werden in die Lacknergasse geschickt (Tageszentrum St. Josef). Die große Problemgruppe zur Zeit seien die EU-Bürger, die hier keinen Anspruch auf Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld haben. Für sie gibt es nichts. Keine Grundsicherung, keine Schlafplätze, eigentlich auch keine Tageszentren. 2) Konrad kennt er. Er bekommt Sozialhilfe und hatte auch eine Wohnung oder ein Zimmer über die Wohnungslosenhilfe. Er war aber derart aggressiv, dass man ihn hinausgeworfen hat. Deshalb ist er jetzt wieder auf der Straße. Würde er nicht so viel trinken, würde er vielleicht nicht so aggressiv sein, er würde jederzeit ein Zimmer bekommen. Ein Kopf kommt bei der Tür herein. Der Nächste. Ich hinaus.
Ein letzter Blick in die Runde, dann bei der Nebentür ganz hinaus. Ein paar Meter weiter schreit Konrad immer noch herum. Am liebsten würde ich ihm einen Arschtritt verpassen. Schwimmt voll im Sozialhilfetopf, plärrt herum, wenn man ihm nicht zweimal am Tag ein warmes Essen serviert, nimmt Leuten, die im Gegensatz zu ihm keinen Cent vom Staat bekommen, Bett und Essen für 1 Euro weg, stinkt, spuckt, schreit und lässt sich von einer Gruppe saudummer Ehrenamtlicher durchs Leben tragen. (Über wen ärgere ich mich mehr - über ihn oder über mich?)
MigrantInnenzentrum (Caritas Wien) www.caritas-wien.at
Laut WienPlan: Beratungsstelle für MigrantInnen in Notsituationen.
Im Gebäude der Caritaszentrale, sehr sauber, neu, gepflegt, die Frau am Empfang/Schalter sehr freundlich, telefoniert sofort, in einer Stunde hat die Leiterin für mich Zeit. Die Leute, die warten, sind auch gepflegt.
Nein. Das ist keine Anlaufstelle für Rumänen und Polen, die hier Arbeit suchen und nicht finden. Auch nicht für den ewig arbeits- und geldlosen, abgeschmierten Koch aus Bayern. Die Leiterin bestätigt das. “Wir sind niederschwellig, aber so niederschwellig sind wir nicht.”
Tageszentrum St. Josef (Caritas Wien) oder “die Lacknergasse”
Tür zu, versperrt, darauf ein Zettel: “Während der Ausspeisung 12:00-12:30 Uhr kein Zugang oder Zutritt von außen”. Es ist 12:30 Uhr. Ich läute.
Eine dünne, zahnlose Frau mit Zigarette öffnet, lacht mich an:
“Willkommen in der Wärmestube!”
Ich sage, was ich will (mir das Tageszentrum anschauen).
“Da müssen Sie warten. Die Ausspeisung ist noch nicht fertig.”
Ein Blick auf die vollgefüllten Tische. Jeder Sessel besetzt. Die Teller noch voller als die Tische. Nein. Ich will nicht warten. Fertig.
Meine Sightseeingtour ist beendet.
Nachtrag vom 22.6.09: Zu Konrad: Wunsch nach Arschtritt retour. Er schläft fast nie in einer Notschlafstelle, also nimmt er auch fast nie jemandem ein Bett weg (siehe Eintrag “Ausgewildert” vom 22.4.09).
Wenn’s wahr ist. In Brasilien drei Leute erschossen bei einer Auseinandersetzung in einem Slum.
“Ich sehe die drei heute noch rennen.”
Der Mann ist sehr sympathisch. Ob die Geschichte stimmt, die er erzählt, weiß ich nicht. Ich weiß oft nicht, ob die Geschichten stimmen, die die Leute erzählen.
“Ich war dafür drüben im Gefängnis.”
Er zeigt mir seinen Pass. Stempel 2004. Ein bisschen wenig lang her.
“Ich habe nur überlebt, weil ich schießen konnte.”
Keine Ahnung. Er erzählt noch viele andere Geschichten.
“Hier sind viele, die aus dem Gefängnis kommen. Wo sollen sie sonst auch hin. Der eine z.B. mit seinem Hund. Er hat einem Mann das Kreuz gebrochen mit einem Hocker. Wegen zweier Worte: DU WARMER. Dafür ist er sieben Jahre sitzen gegangen und der andere sitzt im Rollstuhl.”
Ich würde jederzeit wieder mit ihm im Finstern vor der Tür am Bankerl sitzen und ihm zuhören.
Später sehe ich dann das Bild, vor dem sie steht: ein Gast dieser Notschlafstelle.
Er hatte Lungenkrebs. Er ist ein paar Tage zu seiner Familie nach Deutschland gefahren und dort gestorben.
Eine Woche später steht das Bild immer noch da.
Alexander tischt auf. Geselchtes und Graupelsuppe hat er zuhause schon vorgekocht, das schleppt er in Töpfen an, das Kortoffelpürree machen wir hier, außerdem hat er noch Würste mitgebracht, Eier, Pesto. “Ich kenne sie ja.”
Er hat Recht. Ich habe so etwas noch nie gesehen. Wie die Wölfe. Das Fleisch ist innerhalb von fünf Minuten weg, als würde es an Ort und Stelle verdampfen, die Pfannen voller Würste gehen auch wie die warmen Semmeln, da schaffen wir es schon sie ein bisschen einzubremsen, dann macht er noch X Portionen Spiegeleier und um halb zehn stellt er noch eine Riesenschüssel mit Pestospaghetti hinein. Aber das ist nicht alles. Er hat auch Kuchen mitgebracht, sogar an die Diabetiker hat er gedacht …
50 Euro hat er für diesen Abend ausgegeben. Er macht das alle zwei Wochen. Und lacht und ist zu jedem freundlich und freut sich wie ein Kaiser, wenn es den Leuten schmeckt. Super.
Der alte Mann mit den vielen Krätzen. Er war beim Arzt und ist selig.
Mindestens eine halbe Stunde rennt er in Pullover und Unterhosen durch die Gegend (offenbar war er vorher unter der Dusche) und erzählt, wie freundlich “die auf der Klinik” gewesen sind. “Warum sind Sie denn nicht schon viel früher gekommen?”, hätten sie gesagt.
Er lacht auf seiner rosaroten Wolke.
Aber es gibt auch andere Namen: Ganslwirt, FrauenWohnZimmer, sHäferl, die Gruft. Oder: Haus Arndtstraße, Haus Gänsbachergasse, Haus Johnstraße, Haus Schlachthausgasse. Oder: Arbeitsgemeinschaft Nichtsesshaftenhilfe Wien, Heilsarmee Österreich, Volkshilfe Wien. Oder: Haus Allerheiligen, Neustart, neunerHaus. Oder: Haus Hermes, Haus Immanuel, Haus Leo.
Irgendwie kommt keine Freude auf. Dabei sind das die Orte für die Privilegierten. Da darf nicht jeder hin, der kein Dach über dem Kopf hat.
Wohin mit dem Kopf, wenn kein Dach da ist?
DER ERSTE SCHRITT: die richtige Anlaufstelle. Und die richtige Anlaufstelle ergibt sich aus der richtigen Schublade.
Gehört man z.B. in die Schublade “Grundversorgung” (Asylwerber, Vertriebene, andere “aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare” Menschen), gehört man zur Servicestelle der Caritas Wien (Asylzentrum). In diesem Fall darf man von den oben genannten Heimen und Einrichtungen nur träumen, denn die sind nur für den in § 7a Wiener Sozialhilfegesetz - WSHG angeführten Personenkreis.
Dieser § 7a WSHG ist nicht nur umfangreich, er ist ein Labyrinth. Die einzigen, die ohne wenn und aber in der Sonne stehen, sind “die Staatsbürger”. Alle anderen (plus das Gehirn dessen, der diese Bestimmung zu lesen versucht) werden durch einen Fleischwolf von Staatsverträgen, Verordnungen, Richtlinien, Gesetzen, Verfahren und Aufenthaltstiteln gedreht und wer dann noch im Spiel ist, wird über einen Parcours von Formulierungen wie “erlaubter Weise im Inland aufhalten”, “Einreise nicht zum Zweck des Sozialhilfebezugs” oder “sie dadurch nicht besser gestellt sind als Staatsbürger in dem betreffenden Staat” geschickt und wer sich dann immer noch nicht das Genick gebrochen hat, hat es geschafft und ist im Himmel der möglichen Sozialhilfebezieher.
Wenn man zu diesem illustren Kreis gehört und Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen will, gehört man in eines der zehn Sozialhilfezentren der MA 40. Fehlt einem außer Geld auch das Dach über dem Kopf, gehört man zur Gruppe der “akut Wohnungslosen” und als Angehöriger dieser Gruppe in ein anderes Sozialhilfezentrum als mit Dach über dem Kopf, denn das Dach kann einem Bezirk zugeordnet werden, der Kopf nicht, in diesem Fall richtet sich die Zuordnung nach der Endziffer des Geburtsjahres. Aber nur, wenn keine minderjährigen Kinder im gemeinsamen Haushalt leben, gehört man zur MA 40, mit minderjährigen Kindern gehört man mit und ohne Haushalt zur MA 11. Gehört man zur MA 40 (leben also keine minderjährigen Kinder mit einem im nicht vorhandenen Haushalt) und möchte man die Nächte trotz akuter Wohnungslosigkeit in einem Bett verbringen, gehört man zusätzlich zur MA 40 zur Servicestelle P7 - Wiener Service für Wohnungslose der Caritas Wien, dort erfolgt nämlich die Zuweisung der Nachtquartiere. Und will man nicht nur ein Nachtquartier sondern auch einen Platz zum Wohnen zugewiesen bekommen, sich also von einem “akut Wohnungslosen” zu einem “ehemals Wohnungslosen” hinaufarbeiten, gehört man zusätzlich zur MA 40 und zur Servicestelle P7 zum bzWO - Beratungszentrum Wohnungslosenhilfe des Fonds Soziales Wien. Und wenn einem zwischendurch die sauberen Unterhosen ausgehen, zischt man in die Gruft (siehe z.B. Eintrag vom 14.3.09) und holt sich neue, Mo, Mi und Fr zwischen 14:45 und 17 Uhr, am Vormittag kann man z.B. in die Kleiderausgabe carla mittersteig zischen, Mo bis Fr, 9 bis 13 Uhr, und von dort ins Tageszentrum JOSI humpeln, dort gibt es Sozialarbeiter, die einem unter die Arme greifen, wenn die Muskeln versagen, außerdem kann man dort kochen, falls man noch Hunger hat, waschen, Wertsachen und Urkunden deponieren. Und bei einer Tasse Kaffee genießen, dass man zur “§ 7a WSHG Auslese” gehört.
Alle anderen dürfen das nämlich alles nicht, nicht einmal ins JOSI dürften sie, ins Tageszentrum St. Josef dürfen sie, geöffnet Mi bis So, 8 bis 15 Uhr, dort dürfen alle hin. Mittagessen um 40 bis 50 Cent, Duschen, frische Kleidung.
DER NÄCHSTE SCHRITT wäre logisch: Die “§ 7a WSHG Auslese” nimmt, was sie kriegen kann und kommt so wieder auf die Beine. Die anderen erledigen sich irgendwann von selbst.
Ein Superding. Eine Broschüre samt Stadtplan, die in jeden Hosensack passt und so gut wie alle Informationen enthält, die man als Wohnungsloser braucht:
- die Stellen für die Schlaf- und Wohnplatzvergabe,
- die Tageszentren,
- die Nachtquartiere,
- alle Sorten und Arten von Wohnmöglichkeiten,
- wo man kostenlos essen kann,
- billig einkaufen,
- wo man Kleidung bekommt,
- medizinische Betreuung,
- alle Sozialzentren,
- seitenweise Serviceangebote (Wohnungssuche, MigrantInnenarbeit, Gesundheitsberatung, Schuldnerberatung, Haftentlassenenhilfe, Mieterhilfe, Sozialruf),
Alles im Hosensack, 90 Seiten, übersichtlich gegliedert.
Die notwendigsten Infos in Stichworten, alle Adressen, Telefonnummern, Öffnungszeiten, sogar die öffentlichen Verkehrsmittel sind bei jeder Einrichtung angeführt, dazu ein Stadtplan, in dem alle Einrichtungen eingezeichnet sind, auf der Rückseite ein paar wichtige Internetadressen.
Ein Reiseführer für die (Wiener) Straße. Herausgeber Fonds Soziales Wien. (Er hat für die Stadt Wien die Wohnungslosenhilfe über.)
Ich begeistert. Müsste ich dieses Ding einer Literturgattung zuordnen - Lyrik.
Wer meint, mit diesem Satz beginnt ein Märchen, irrt. Mit diesem Satz beginnen nicht weniger als vier der neun Sozialhilfegesetze in Österreich. Er wird von keinem umgesetzt, insofern ist die Vermutung mit dem Märchen richtig, wie sollte das auch gehen, die wunderbare Brot/Fischvermehrung liegt mehr als 2000 Jahre zurück, aber im Vergleich mit anderen Staaten, auch mit den unmittelbaren Nachbarn (Stichwort Hartz IV), leben wir in Österreich trotzdem auf einer Insel der Seligen.
BEISPIEL WIEN
Sozialhilfe-Richtsätze 2009
Geldaushilfe (einschließlich Miet- und Heizkostenzuschuss) bei Arbeitsfähigkeit monatlich bis maximal
- Ein-Personen-Haushalt 769 Euro
- Alleinerzieher/in plus 1 Kind 904 Euro
- Ehepaar 1.019 Euro
- Ehepaar plus 1 Kind 1.170 Euro
Sonderbedarf kann im Einzelfall auf Antrag gewährt werden.
Dauerleistung ab dem 60./65. Lebensjahr und bei Arbeitsunfähigkeit über einem halben Jahr monatlich bis maximal
- Ein-Personen-Haushalt 906,01 Euro
- Ehepaar 1.272,02 Euro
Krankenhilfe bekommen Personen, die nicht krankenversichert sind und eine Geldaushilfe oder eine Dauerleistung erhalten bzw. deren Einkommen (z.B. Alimentationszahlungen) den eineinhalb-fachen Sozialhilferichtsatz zuzüglich Miete nicht übersteigt. (alles nachzulesen auf www.wien.gv.at)
Für die, die vom Leben oder sich selbst auf die Straße geschwemmt worden sind, sprich: keine Wohnung haben und sich aus eigenem auch keine besorgen können, gibt es (statt dem Miet- und Heizkostenzuschuss von plusminus 300 Euro) die Wiener Wohnungslosenhilfe, die so wenig gar nicht anbietet - außer Beratung und Hilfestellung gibt es
- Nachtquartiere,
- Tageszentren,
- Übergangswohnhäuser,
- sozial betreute Wohnhäuser,
- betreutes Wohnen in Wohnungen,
- Wohngemeinschaften,
- Mutter-Kind-Einrichtungen,
- Einrichtungen nur für Frauen,
- Einrichtungen nur für Männer,
- Einrichtungen für Familien,
- Einrichtungen für Alkoholkranke,
- Einrichtungen für Suchtkranke,
- Einrichtungen nur für junge Menschen,
- Einrichtungen für pflegebedürftige Menschen,
erschreckend viel gibt es, auch medizinische und psychiatrische Grundversorgung, und wer will, kann noch viel mehr lesen unter www.wien.gv.at, d.h. erschreckend viele Menschen brauchen akut ein Dach über dem Kopf und viele von diesen vielen brauchen nicht nur vorübergehend Hilfe und nicht nur beim Wohnen.
Trotzdem nehmen viele diese Angebote nicht an, weil ihnen die Schwellen zu hoch sind, ihr Selbstbewusstsein zu niedrig ist, sie etwas anderes suchen, brauchen, wollen als in diesen Einrichtungen auf sie wartet, sie gegen alle/s sind, also auch gegen das, sie ihre Aggressionen nicht in den Griff kriegen, die Schnapsflasche nicht aus der Hand, was immer.
Diese Menschen landen gemeinsam mit denen, für die der Sozialhilfetopf der Steuerzahler nichts hergibt, entweder in privaten Einrichtungen, die mit Spenden und nicht mit Steuergeldern finanziert und von Menschen in ihrer Freizeit geführt werden (man könnte fast sagen, es sind Menschen und nicht Einrichtungen, weil hier von A wie Abenddienst über G wie Geld bis Z wie Zeit alles freiwillig gegeben wird, hier wird keiner Steuerpflicht nachgekommen, kein Job getan, kein gesetzlicher Auftrag erfüllt, hier darf jeder schlafen, der ein Dach über dem Kopf braucht, essen, wenn er Hunger hat, mit jemand reden, wenn er reden will, trinken, wenn er glaubt, dass er ohne nicht kann, in diesen Topf darf sich jeder einbringen und jeder darf herauslöffeln, hier ist niemand, der nicht hier sein will, weil jeder nur deshalb da ist, weil er gern da ist) oder sie landen in öffentlichen Toiletten, unter Brücken, im eigenen Messer, irgendwann vielleicht im Gefängnis, im Krankenhaus früher oder später, aber viele verweigern sogar das, manche stopfen sich lieber Zeitungspapier in die Löcher in den offenen Beinen als sich behandeln zu lassen, trotzdem ist es auch hier noch lange nicht zu Ende, das Leben ist furchtbar hartnäckig, ganz unten ist nicht nur das Elend zuhause, auch Schätze haben hier ihren Platz, eine Handvoll Streetworker/Innen zum Beispiel, denen nichts zu dumm ist, das Wort aussichtslos kennen sie nicht und Grenzen auch nicht, sie bohren sich durch die beinharte Dreckschicht wie Krätzen.
Das ist keine Kritik am staatlichen Sozialhilfesystem. Alles kann ein Staat nicht bieten, eine Stadt nicht. Es gibt Qualitäten, die können nur Menschen Menschen (an)bieten.
Die öffentliche Hand kann andere Erleichterungen bieten (und tut es auch): z.B.
- Mobilpass für Mindestpensionisten und Sozialhilfeempfänger: Mit ihm gibt es z.B. eine ermäßigte Monatskarte bei den Wiener Linien (statt 49 Euro 15 Euro), ermäßigte Jahreskarte bei den Büchereien der Stadt Wien, ermäßigten Eintritt bei den städtischen Bädern.
- Kulturpass für Mindestpensionisten, Sozialhilfeempfänger, Arbeitslose und Flüchtlinge: In über 200 Kultureinrichtungen in Wien, Salzburg, Oberösterreich und Steiermark ist der Kulturpass Eintrittskarte.
- Befreiung von Rundfunkgebühren und Zuschuss zu Fernsprechentgelten über Antrag möglich.
-Kindergärten (in Wien ab September) gratis. (Das alles und mehr und detailliert unter www.wien.gv.at)
Außerdem gibt es Sozialmärkte: z.B.
- Vinzi-Markt: “Einkaufsberechtigt sind Menschen mit Wohnsitz in Wien, die allein nicht über mehr Einkommen als 850 Euro/Monat, bzw. zu zweit 1.200 Euro, zuzüglich 100 Euro pro Kind verfügen. … Der Einkaufsberechtigungsausweis ist in den Geschäften zu den Öffnungszeiten erhältlich. Notwendig dafür ist ein Verdienstnachweis, der Meldezettel und ein Lichtbildausweis. Der Ausweis ist für 1 Jahr befristet. Außerdem gibt es ein Einkaufslimit von 30 Euro pro Woche. Das entspricht in etwa einem tatsächtlichen Warenwert von 120 bis 150 Euro.” (aus www.vinzi.at)
- SOMA-Sozialmarkt: Einkommensgrenzen geringfügig anders (höher), auch sonst einiges geringfügig anders, aber alles geringfügig, unterm Strich ist es das Gleiche und alles nachzulesen unter www.wien.hilfswerk.at.
Jede Menge kluge Köpfe gibt es: z.B.
Laotse: “Wer weiß, dass er genug hat, ist reich.”
Seneca: “Nie ist zu wenig, was genügt.”
Und UNS. Uns gibt es auch. Wir gehören auch dazu. Zur Gemeinschaft. Wir dürfen uns auch einbringen. JEDER. Und an der Stelle fällt mir gleich noch ein superkluger Kopf ein.
“Sei die Veränderung, die du in der Welt sehen möchtest.” Mahatma Gandhi
Wir gehen auf Staub verhüllten Perlen.” (Hugo von Hofmannsthal)
Was würde der alte Mann, der sich von seinen Krätzen/Läusen/Flöhen auffressen lässt, zu einem Satz wie diesem sagen?
Sie tragen ihr frisches Gewand noch in sich.
Wir sollten das auch tun:
Uns einmal im Jahr umziehen.
INNEN.
büschelweise Knospen vorm Aufplatzen, das erste Gelb in den Sträuchern, das zweite Grün, Krokusse, Primeln, Schneeglöckerln, Bärlauch. Jeder sieht das. Ich bin heuer hinten, ich sehe es erst jetzt, aber jetzt sehe ich es. Heute in zwei Wochen ist Palmsonntag.
Sonst drücken mich die Eindrücke der letzten Wochen an die Wand, jeder ungewohnt und ungewöhnlich genug, damit muss der Organismus erst einmal fertig werden, sie verarbeiten dürfen, verdauen, sortieren, einordnen, auch die Masse an Informationen auseinanderklauben.
Ich werde mir jetzt einen großen Stein in der Sonne suchen, das Jausenbrot, den Apfel und die Saftflasche aus dem Rucksack holen, das hartgekochte Ei (hoffentlich habe ich das Nylonsackerl mit dem Salz nicht vergessen), ein Monsterstück Schokolade, und es gut sein lassen.
Die Schuhbänder aufmachen …
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in Notschlafstellen mitarbeiten, Erfahrungen, Gedanken, Fragen in dieses Blog werfen wie gewürfeltes Gemüse in einen 10 Liter-Topf (so groß sind die Töpfe für die Eintöpfe dort), dem Wort obdachlos nachgehen, aus den Notschlafstellen hinaus, das Etikett „wohnungslose Menschen“ herunterkratzen von diesem Begriff, der so riesig wie die Straße lang ist und so viele Gesichter hat wie sie, das eine oder andere entdecken, in dieses Blog werfen wie Gemüsewürfel, auf der Straße gibt es keine Topf- und keine Buchdeckel, sie ist endlos wie der Himmel, also stirbt auch die Hoffnung nie
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