Der zweite (Schnupper)Abend. Oder: Noch nicht angekommen.

Zu allererst gehe ich mit Zettel und Stift durch den Keller und das Erdgeschoß und suche die Rauchmelder, die laut telefonischer Mitteilung vorhanden sein müssen, und schreibe auf, was ich finde: Erdgeschoß ein Rauchmelder über der Rezeption, Keller sechs Rauchmelder im Männerschlafraum, im Frauenschlafraum sehe ich keinen einzigen. Dabei wären sie hier wichtig. Der Raum führt ins holzvertäfelte Stiegenhaus. Ich gehe dreimal durch.

Dann versuche ich in der Rezeption dem heutigen “Dienst” bei der Arbeit über die Schulter zu schauen. Es ist ein junger Mann, der heute Abend- und Nachtdienst hat. Er ist zum ersten Mal hier und erhält einen Intensiv-Schnellsiedekurs in Polnisch von einer jungen Frau. Beide sind sehr sympathisch und wenn ich sie bitte deutsch miteinander zu sprechen (beide sprechen sehr gut deutsch), damit ich auch etwas von dieser Einschulung habe, bemühen sie sich, fallen aber im Eifer des Gefechtes immer wieder in ihre Muttersprache zurück. Auch mit den Gästen beim Check-in wird natürlich kein Wort Deutsch gesprochen. Was immer hier diskutiert, erfragt, den Ankömmlingen auseinandergesetzt, von ihnen gefordert wird: Ich stehe daneben und verstehe Null. Wie soll ich so lernen, was ich für den Abenddienst brauche? Es kann doch nicht sein, dass ich einen Polnischkurs belegen muss, wenn ich hier mitarbeiten will oder noch zehnmal herkommen muss, bis sich irgendjemand zuständig fühlt oder bereit erklärt mich in die Geheimnisse des Check-in Dienstes einzuweihen. Langsam packt mich der Zorn. Ich studiere die Liste, auf der sich die Ehrenamtlichen für den Abend- und/oder Nachtdienst eintragen. Am Sonntag ist die Spalte Abenddienst noch leer. Ich gehe in die Küche und frage Sebastian, ob er am Sonntag da ist und mir hilft, wenn ich nicht weiter weiß. Ja. Na dann: Am Sonntag bin ich “der Abenddienst”.

Ein Gast von diesem zweiten Abend? Bruno (Name erfunden) ist wieder da (siehe die Artikel Mein erster Nicht-mehr-nur-Schnupper-Dienst., Bruno, vielen Dank für die schöne Musik!, Das Land der 44 Inseln., Mann war da, Gepäck nicht.).Seine Heimkehr nach Polen war sichtlich nicht von Dauer. Er hat jetzt lange Haare und spricht nach wie vor kein Wort Deutsch. Seinen damaligen Dolmetsch habe ich noch nicht entdeckt.

Am nächsten Tag wieder ein Mail zum Thema Brandschutz an die VinziWerke Wien. Einige Tage später teilt man mir telefonisch mit, dass laut Auskunft der Architektin im Frauenschlafraum sehr wohl Rauchmelder vorhanden seien, wenn auch möglicherweise nicht so gut erkennbar, außerdem sei vorgesehen noch weitere anzubringen. Na dann … Brandschutz-Sensibilisierungsjob zu Ende? Am Tisch der Verantwortungsträger ist die Problematik jetzt. Und wenn die Architektin tatsächlich eine Architektin ist, kann sie sich grobe Fehler im Brandschutz  nicht leisten. Und Pfarrer Pucher auch nicht.

Der erste (Schnupper)Abend. Oder: Zu ebener Erde und darunter.

80 bis 90 Menschen, Betten, Matratzen, Decken, Polster, mindestens dreimal so viele vollgestopfte Plastiksäcke unter, zwischen, neben den Betten, die Betten, Menschen und Plastiksäcke aufgeteilt auf zwei Schlafräume im Keller, ein großer mit plusminus 40 Stockbetten für Männer, ein kleinerer mit plusminus 10 Betten für Frauen, im großen Raum zusätzlich Kästen mit Bettzeug, Handtüchern, neben den Kästen Bett- und Wolldecken- und Polsterstapel, die fensterlosen Wände schneeweiß, die Räume hell erleuchtet durch Spots am Plafond, unterhalb des Plafonds laufen dicke Lüftungsrohre, zwischen den zwei Schlafräumen Sanitärräume für die Männer, nur vom Frauenschlafraum aus zugänglich der Sanitärraum für die Frauen, zwei Feuerlöscher bei den Männern, einer bei den Frauen, hin und wieder ein Zettel mit einem aufgemalten Rauchverbot, zwei Stiegenhäuser, eines davon holzvertäfelt, beide Stiegen führen hinauf ins Erdgeschoß und zu den Notausgängen. “Hat das die Feuerpolizei gesehen und abgesegnet?” Antwort des (ehrenamtlichen) Hausleiters: “Das weiß ich nicht. Da müssen Sie unsere Architektin fragen.” Hier schlafen täglich immerhin zwischen 80 und 100 Menschen … Viele von ihnen rauchen und trinken … Wenn sich nur einer von ihnen in der Nacht im Bett eine Zigarette anzündet und einschläft … Er zuckt mit den Schultern. Das fällt offenbar nicht in seinen Zuständigkeitsbereich. 

Im Erdgeschoß des (ehemaligen Wirts)Hauses der große Gast- bzw. Aufenthaltsraum mit langen Holztischen und unheimlich vielen Stühlen, die Theke, jetzt hinter Glas und mit einer versperrbaren Tür, wird als Rezeption, Büro und Schlafraum für den Nachtdienst genutzt. Daneben eine Gastronomieküche mit abgrundtiefen Töpfen und riesigen Gasflammen (”Hier darf nur arbeiten, wer mit solchen Geräten umgehen kann.”), derzeit werden hier nur Brote gestrichen und das Wasser für den Tee gekocht, das soll sich aber so bald wie möglich ändern. Eine Waschmaschine. Der Trockner ist kaputt. Die nasse Wäsche wird vorläufig in den Schlafräumen im Keller aufgehängt. Drei Entfeuchtungsgeräte laufen rund um die Uhr.

Zwischen Rezeption und Keller huscht eine liebe, freundliche, sehr bemühte Frau hin und her bzw. auf und ab, die Ehrenamtliche, die heute den Abend- und Nachtdienst macht. In der Küche werkt Sebastian (der Name ist erfunden), ein Mann, der fast jeden Abend hier ist und die Küche überhat und zusätzlich so ziemlich alles, was anfällt und wofür gerade kein anderer verfügbar ist. Beide kommen aus Polen. Beide sind ausgesprochen sympathisch.

Alle Ehrenamtlichen, die seit der Eröffnung der Notschlafstelle Mitte September hier am Abend und in der Nacht “Dienst tun”, vollbringen Höchstleistungen. Abgesehen von Sebastian in der Küche ist meistens nur eine Person da für 80, 90 (bis 100) Gäste. Auch in der Nacht. Die meisten oder alle kommen aus Polen, sie arbeiten oder/und studieren in Wien und helfen durch ihr Engagement hier ihren Landsleuten, die nicht so gut Fuß fassen konnten wie sie. Fast alle sprechen gut deutsch, aber miteinander und mit den Gästen sprechen sie polnisch, manche auch slowenisch, ungarisch. Sebastian zum Beispiel nützt hier die Gelegenheit seine fast schon vergessenen Ungarischkenntnisse wieder aufzufrischen. Für die Gäste ist das praktisch. Für mich wird es schwierig. Ich brauche einen Dolmetsch. Und einen Übersetzer. Beim Check-in (die der Eingangstür zugewandte Seite der Theke wurde zu einem Schalter umfunktioniert) hängen viele kleine Zettelchen mit den aktuellen Infos für den nächsten “Dienst”, alles polnisch. Die Vermerke in den Gästelisten polnisch, die Aufschriften auf den Kästen mit dem Bettzeug und den Handtüchern polnisch. Der Hausleiter: “Sie und ich sind bis jetzt die einzigen Österreicher hier.”

Medizinische Versorgung? Erste Hilfe? Medikamente? Was dürfen die Ehrenamtlichen, was dürfen sie nicht? Einschulung? Wann ist die Rettung zu rufen? Wer zahlt den Einsatz, wenn sich herausstellt, dass er nicht notwendig war? Wer steht dafür gerade, wenn der Einsatz notwendig gewesen wäre? Wie ist es mit dem Schutz der Ehrenamtlichen? Ansteckende Krankheiten? Gibt es Informationen, ist eine Aufklärung vorgesehen, welche Krankheiten bei diesem Personenkreis am häufigsten vorkommen, wie man sie erkennt, sich schützt, werden Impfungen für die Ehrenamtlichen angeboten bzw. vom Träger der Einrichtung bezahlt? Wie ist es mit dem Brandschutz? Wie bemerkt man als Nachtdienst im Erdgeschoß, wenn es im Keller raucht oder zu brennen anfängt? Gibt es Melder, Sirenen? Die Wahrscheinlichkeit, dass bei 80 bis 100 Personen im Keller irgendwann etwas passiert, ist nicht unbedingt gering. Werden die Ehrenamtliche, die Nachtdienste übernehmen, für den Ernstfall geschult? Ich frage dem Mann Löcher in den Bauch. Vor allem mit dem letzten Fragenblock ist er sichtlich überfordert. Vielleicht fällt das wirklich nicht in seinen Zuständigkeitsbereich, aber … Ehrlich gesagt: Ich bin entsetzt. Ein “Solo-Nachtdienst” für bis zu 100 Personen ist per se schon nicht unbedenklich, dazu kommt hier aber noch a) die räumliche Trennung dieses heroischen Einzelkämpfers von den Gästen, b) dass die Gäste in einem Keller untergebracht sind und c) dass viele dieser Gäste physische und psychische Probleme haben und rauchen und trinken. Wenn bei diesen Gegebenheiten nicht wenigstens der bauliche und technische Brandschutz einwandfrei ist und jeder, der Nachtdienste übernimmt, bis ins Kleinste weiß, was er wann und wie zu tun hat …

Mit einer Frage kommt mir die liebe Ehrenamtliche zuvor: Wie das mit dem Alkoholkonsum ist. “Manche marschieren hier herein mit zwei Dopplern in der Hand. Was soll ich tun? Sie wieder hinausschicken? Sie hereinlassen?” Laut Hausordnung sind nur Spirituosen verboten und Pfarrer Pucher hat bei der Eröffnung am 10.Oktober ausdrücklich betont, dass es in den Vinzi-Einrichtungen kein Alkoholverbot gibt. Nach einem ausgiebigen gemeinsamen Rätselraten die unbefriedigende, aber angesichts dieser Vorgaben einzig mögliche Antwort des Hausleiters: “Zu viel werden darf es halt nicht.” Wie handhabt man das bei 80 bis 100 Leuten? Und vor allem: Wer? Wer bringt die Alkoholiker, Depressiven, Agressiven, Lebenslustigen und -müden unter ihnen dazu sich nur gemäßigt zu betrinken? Der/die eine und einzige Ehrenamtliche??? Er/sie macht zwischen 18 und 22 Uhr den Check-in, führt die neu aufgenommenen Gäste in den Keller und weist ihnen ihre Betten zu, gibt Bettwäsche und Handtücher aus, Seifen, Rasierzeug, kontrolliert das Rauchverbot im Keller und den Alkoholkonsum, während die noch nicht eingecheckten Gäste vor der Haustür stehen und klingeln und klingeln und an die Tür mit dem Zettel “Komme gleich!” trommeln, bringt die Leute am späteren Abend dazu im Gastraum die Tische abzuräumen und -zuwischen und den herumliegenden Mist zu entfernen, schlichtet Streitereien, beugt Raufhändeln vor, verpasst bei Bedarf Hausverbote, holt, wenn notwendig, die Polizei, die Rettung, bewacht in der Nacht den Schlaf von 80 bis 100 Menschen, weckt sie um 6 Uhr in der Früh, bringt sie dazu um 7 Uhr das Haus zu verlassen, dann wird er/sie noch zusammenräumen dürfen … Wahrlich ein erstrebenswertes Wunderwuzi-Ehrenamt.

In meinem Kopf schwirren die Fragen, werden immer mehr, wie die Gäste, die schubweise bei der Tür hereinkommen, aber ich schicke sie in den Keller, sie sollen Ruhe geben und schlafen, weil die Antworten, die ich bekomme (falls es nicht ohnehin heißt: “Das weiß ich nicht.”), noch viel mehr Fragen aufwerfen, mir im Magen liegen wie nasses Brot. Und wenn ich zwei Leuten die gleiche Frage stelle, bekomme ich zwei unterschiedliche Antworten. Beispiel: Meine Frage: “Wenn ein Gast, der ein Bett belegt hat, am Abend nicht kommt - ist dieses Bett für ihn frei zu halten oder kann es an einen andern vergeben werden?” Antwort 1 (die liebe Ehrenamtliche): “Meistens sagen die Leute Bescheid, wenn sie nicht kommen und warum und wie lange sie nicht kommen, z.B., jemand muss überraschend ins Krankenhaus oder fährt übers Wochenende zu seiner Familie, in solchen Fällen wird das Bett ein paar Tage frei gehalten. Wenn jemand wegbleibt ohne sich abzumelden, machen wir es meistens so, dass wir drei Tage zuwarten, bevor wir das Bett neu vergeben.” Antwort 2 (der Hausleiter): “Jeder Ehrenamtliche entscheidet, wie er das handhaben möchte. Wenn Sie Dienst haben, sind Sie der Herr hier. Sie entscheiden.” Alles klar?

Um dreiviertel zehn sitze ich in der Straßenbahn. Dann in der Schnellbahn. Dann im Bus. Dazwischen immer wieder warten. Mindestens eine Stunde zum Hinfahren, mindestens eine Stunde zum Zurückfahren, Hin- und Rückfahrt 7 Euro. Wenn ich einmal pro Woche “Abend-Dienst” mache, kostet mich das pro Monat 28 Euro und viermal 6 bis 7 Stunden Zeit. Will ich das?

Zu allererst will und werde ich das Thema Brandschutz ansprechen, aufgreifen, nachfragen, die Problematik laut aussprechen, auf den Tisch legen, bewusst machen. Es hat nichts mit Nächstenliebe zu tun, wenn hier Menschen verbrennen oder sich in Panik gegenseitig zu Tode trampeln. Aber vielleicht ist ja alles in bester Ordnung, der Hausleiter der einzige, der von nichts weiß. Möglich ist alles.

Eines hat mir dieser Abend deutlich gezeigt: Es ist noch alles im Werden bei der “1. EU-Bürger Notschlafstelle in Wien” (so steht es in den Unterlagen, die bei der Eröffnung ausgegeben wurden). Außer der Masse an Gästen. Die Nachfrage ist enorm, der Bedarf. So wenig ausgegoren das Ganze auf den ersten, zweiten, dritten Blick noch ist - trotzdem liegt schon ein Tüpfelchen von etwas in der Luft, “wohnen” viele der Gäste schon hier, ist VinziPort jetzt ihr Zuhause, ihr Hafen zum Einlaufen am Abend nach einem langen Tag.

Der Gast, der mir am deutlichsten in Erinnerung ist von diesem Abend? Eine Frau. Sie saß auf dem ersten Bett im Frauenschlafraum auf der linken Seite, im Unter- oder Nachthemd, blaue Hände, die Beine blau bis über die Knie herauf, blonde Haare, müde, Alter irgendwo zwischen 30 und 40 Jahren (schätze ich). Sie lächelte freundlich, als wir bei der Tür hereinkamen und ich sie grüßte und mich schämte, dass wir hier einfach hereinplatzen.

Wenn man nicht weiß, was tun

geht man am besten in der Nacht spazieren. Nachher weiß man es zwar auch nicht, aber es ist wenigstens spannend. Das gänsehautige Prickeln putzt durch. Der Kopf wird klarer.

Richtigstellung: nicht zwischen allen Stühlen …

Im letzten Artikel habe ich (zu schnell drauf los) geschrieben, dass obdachlose Bürger aus anderen EU-Ländern in Österreich so gut wie nie Sozialhilfe (seit 1.9.2010 “Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung”) bekommen. Ich habe mir jetzt die europarechtlichen Vorgaben,  die österreichische Umsetzung und das Wiener Mindestsicherungsgesetz etwas gründlicher vorgenommen und …
Das Schlaraffenland haben wir hier nicht, das stimmt, und ein Selbstbedienungsladen ist Österreich auch nicht und den Brei, der nicht und nicht weniger wird, gibt es auch bei uns nicht, aber wenn der Einzelne nicht hierher kommt um ohne Gegenleistung abzusahnen, sondern sich bemüht etwas zum Miteinander beizutragen, gibt es gar nicht sooo haarsträubend wenige Möglichkeiten. 
 
Innerstaatlich relevante Rechtsgrundlagen §§ 51 bis 54 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz- NAG (Gemeinschaftsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate) und für das Bundesland Wien §§ 5 und 39 Wiener Mindestsicherungsgesetz - WMG (Rechtsanspruch und Möglichkeit des Zuerkennens von Leistungen ohne Rechtsanspruch):
Wenn z.B. jemand nach Wien kommt, sich innerhalb von drei Monaten Arbeit sucht und arbeitet, hat er einen Rechtsanspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (etwa, wenn er so wenig verdient, dass er davon mit seiner Familie nicht leben kann) und wenn er wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig wird, bleibt ihm diese Erwerbstätigeneigenschaft erhalten und er hat auch in dieser Zeit Anspruch auf Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung (z.B. neben dem Arbeitslosengeld, wenn das sehr niedrig ist, oder der Notstandshilfe) und wenn er nach mehr als einjähriger Beschäftigung unfreiwillig arbeitslos wird und sich dem Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, hat er … und wenn er seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verliert und eine Berufsausbildung beginnt, hat er … und die Familie, die er mitbringt, hat in all diesen Fällen auch … und ab dem Zeitpunkt, ab dem er das Recht auf Daueraufenthalt hat (das ist spätestens nach fünf Jahren rechtmäßigem Aufenthalt, aber es gibt eine Reihe von Tatbeständen, bei deren Vorliegen dieses Recht schon früher entsteht), hat er diesen Rechtsanspruch sowieso und zwar auch unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 und 52 NAG und die Familie natürlich auch.
Und wer keinen Rechtsanspruch hat, sich aber mehr als drei Monate rechtmäßig in Österreich aufhält (etwa, wer es nicht schafft innerhalb der ersten drei Monate eine Arbeit zu finden, aber nachweisen kann, das er weiterhin sucht und begründete Aussicht hat eingestellt zu werden), dem können Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung als Förderung zugesagt werden, wenn dies auf Grund seiner persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse zur Vermeidung einer sozialen Härte geboten erscheint. Und unabhängig davon, warum und wie lange sich jemand in Österreich aufhält, kann ihm eine Förderung als Hilfe in einer besonderen Lebenslage zugesagt werden, wenn er aufgrund seiner besonderen persönlichen, familiären oder wirtschaftlichen Verhältnisse oder infolge außergewöhnlicher Ereignisse von Armut oder sozialer Ausschließung betroffen oder bedroht ist. Eine solche Hilfe kommt allerdings nur in Betracht, wenn die Notlage trotz eigener Mittel und Kräfte nicht überwunden werden kann und die Förderung eine nachhaltige Überwindung der Notlage erwarten lässt. Diese Förderung ist also ausschließlich als Brücke über eine akute Notlage gedacht (auch zusätzlich zu Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, wenn etwa ohne Verschulden plötzlich eine große Ausgabe gemacht werden muss, die mit den Mitteln der Mindestsicherung nicht abgedeckt werden kann -  z.B., wenn im Winter die Therme plötzlich den Geist aufgibt) und nicht als Tropfen auf den heißen Stein für jemand, der auf Dauer mittel- und arbeitslos ist.
 
Diese Bestimmungen bilden ein grobmaschiges Auffangnetz, aber auch ein Schutzschild und beide Funktionen stehen gemeinsam mit den Regelungen des Fremdenpolizeigesetzes im Einklang mit der Richtlinie, die das Freizügigkeits- und Aufenthaltrecht der Unionsbürger regelt.
Viele fallen durch dieses Netz. In erster Linie die, für die der österreichische Arbeitsmarkt aufgrund der Übergangsregeln der diversen Beitrittsverträge noch nicht schrankenlos offen steht und die die Hürden des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht schaffen. Und auch die, die sich in diesem Leben in der untersten Schublade (oft gezwungener Maßen) schon eingenistet haben, vom Leben nichts anderes mehr erwarten, sich nichts mehr (zu)trauen, Chancen, die ihnen geboten werden, nicht (mehr) nutzen (können). Ich glaube, viele der Menschen, die Einrichtungen wie VinziPort aufsuchen, werden ab Mai 2011 auch den Wegfall der Zugangsbeschränkungen zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht (mehr) nutzen können und viele von ihnen würden es auch nicht (mehr) können, wenn der österreichische Arbeitsmarkt auf sie warten würde. Das ist aber KEIN Vorwurf.
Ich mache aber auch Österreich keinen Vorwurf. Auch wenn das primäre Unionsrecht (das immer stärker werdende Institut der Unionsbürgerschaft in Verbindung mit dem allgemeinen Diskriminierungsverbot) und die Rechtsprechung des EuGH zunehmend in eine andere Richtung weisen. Ich finde, ein Auffangnetz für alle EU-Bürger kann nur ein gesamteuropäisches sein, eines, das alle Mitgliedsstaaten gleichermaßen knüpfen (müssen).

VinziPort ist da!

Heute wurde in Wien 14, Linzerstraße 169, die Notschlafstelle VinziPort offiziell eröffnet.

“Die erste EU-Bürger Notschlafstelle in Wien” steht in den Unterlagen. Soll heißen: die erste Notschlafstelle in Wien, die ausschließlich für obdachlose Menschen aus anderen EU-Ländern gedacht ist.

Bis zu 100 Betten, Einlass zwischen 18 und 22 Uhr, die Gäste können sich duschen, ihre Wäsche waschen, zum Essen bekommen sie dzt. nur Brote und Tee, es soll aber bald auch ein warmes Abendessen geben. In der Früh ist um 6 Uhr Tagwache, um 7 Uhr müssen alle das Haus verlassen. Am Abend können sie wiederkommen. Es ist (nur) eine Notschlafstelle. Trotzdem wird damit eine riesige Lücke gefüllt. Denn obdachlose EU-Bürger fallen in Österreich zwischen allen Stühlen durch, sie bekommen so gut wie nie Sozialhilfe, sie fallen auch nicht unter die Grundsicherung wie die Asylwerber (solange das Verfahren nicht abgeschlossen ist) und sie finden auch keinen Einlass in Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe, die ja mit Steuergeldern finanziert und geführt werden, weder in Tageszentren noch in Einrichtungen zum Übernachten. Bis jetzt gab es nur zwei privat geführte Notschlafstellen, die diese Menschen nicht weggeschickt haben, wenn noch ein Bett frei war. Jetzt gibt es 100 Betten mehr und diese 100 Betten sind nur für diese Gruppe von Menschen gedacht. Und weil jetzt November ist und der Winter kommt, ist das ganz besonders wichtig und gut und super.

Träger dieser Notschlafstelle ist die Vinzenzgemeinschaft St. Benedikt. Das Haus Linzerstraße 169 ist ein ehemaliges Gasthaus, das von einem privaten Spender gekauft, hergerichtet und der Vinzenzgemeinschaft unentgeltlich zur Führung dieser Notschlafstelle zu Verfügung gestellt wird. Nur die Betriebskosten, das sind laut Pfarrer Wolfgang Pucher allerdings 40.000 Euro pro Jahr, müssen aufgebracht werden.

Es wird in dieser Einrichtung kein Bröserl Steuergeld verbraten. Weder für die Räume noch für die Leute, die dort arbeiten. Denn jeder, der dort mitarbeitet, tut es unentgeltlich. Das heißt, VinziPort wird zu 100% ehrenamtlich geführt. Bis jetzt gibt es 18 Ehrenamtliche. Ich werde die 19e sein. Und: Es werden noch jede Menge Ehrenamtliche gesucht und gebraucht!! Für Abend-, Nachtdienste, für`s Kochen, Bettwäsche ausgeben, Büroarbeiten, aber auch - ganz wichtig - für`s Gäste betreuen, mit den Leuten reden, ihnen zuhören, vielleicht dem einen oder anderen helfen können.

Wer mitarbeiten will: Ansprechpartner ist Herr Peter Lamatsch, der Koordinator der Vinzi-Einrichtungen in Wien, Tel: 0676/87423110, Mail: peter.lamatsch@vinzi.at

Zu Pfarrer Wolfgang Pucher und seinen vielen Vinzi-Einrichtungen siehe www.vinzi.at.

Wu Wei.

Nicht den Weg machen. Den Weg gehen.

Auf meinem liegt morgen eine neue Notschlafstelle.

Das Zündholz.

Hier und jetzt und aufmerksam sein. Aufmachen und bemerken, was ist. Die Gegenwart, den Augenblick bewusst wahrnehmen, beobachten, sich nicht in Vergangenheit und Zukunft wegdenken, da sein und hinschauen. Dem, was ist, kerzengerade ins Gesicht schauen. Sonst nichts.

Würde das jeder tun, die Welt würde sich von Grund auf ändern.

Kann man das?

Gleichzeitig in zwei Positionen verharren? Am Berg und im Tal sein? Blatt, das vom Baum fällt, sein und Bewunderer der Farbenpracht im Herbst?

Wenn nicht: Wie soll das gehen mit der Geborgenheit des Augenblicks, wenn man nicht in einem Landhaus in Italien sitzt oder an der Grenze zur Weisheit?

(Ich denke gerade an den Fernsehbeitrag von gestern “Tod im Paradies” über den 19-jährigen Asylwerber, der sich Mitte Oktober das Leben genommen hat.)

Besessen, zerfressen, zerrissen

von Gedanken. Wie ein Termitenhügel. Ich denke nicht, ich werde gedacht. Ein Gefangener in einem Hochsicherheitstrakt. Ich bin eingesponnen in Denken über gestern und an morgen wie in einem Kokon. Es ist nicht einmal Platz für Platzangst …

Tut gut sich das bewusst zu machen.

Chinesisch lernen ist leichter.

Weder an gestern noch an morgen denken, ausschließlich in der Gegenwart leben, im Hier und Jetzt sein, sich frei von Bindungen, Meinungen dem Fluß des Lebens überlassen, der Weisheit der eigenen inneren Autorität.

Und das in Zeiten der Er/Ablebens-, Unfall-, Zusatz- und Pensionsversicherungshysterie …

Pat und Patterchen.

Aufmerksam im Hier und Jetzt leben und dabei darüber schreiben, ist schwierig. Ich bin immer hinten nach. Mit dem einen oder mit dem andern.

Also …

kerze-010

Die Gegenwart rast.

Es ist, als wolle man den Wind einfangen.

buchberg-herbst-und-sonne-127

Oder dieses Foto, dem dieser Versuch fast glückt, in diesen schmalen Schlurf zwängen, der zwischen den zwei “Sidebars” (das sind die von den Blogartikeln unabhängigen Spalten links und rechts) für Text und Fotos zur Verfügung steht.

Zur Info: Beim Importieren bzw. Einfügen von Fotografien in Blogartikel wird (vom “Blogprogramm”) fast ein Drittel der jeweiligen Fotografie abgeschnitten. Bei manchen (zer)stört das mehr, bei manchen weniger.

Scheiße oder Erde?

buchberg-herbst-und-sonne-081

Spielt das eine Rolle? Beides gleich fruchtbar.

Wenn der Herbst wahr ist

buchberg-herbst-und-sonne-001

ist Sterben leicht wie eine Feder

buchberg-herbst-und-sonne-002

ganz und gar keine traurige Angelegenheit

buchberg-herbst-und-sonne-003

eine Orgie eher

buchberg-herbst-und-sonne-004

bei der jeder nur ein leichtes Gewand trägt

buchberg-herbst-und-sonne-005

oder (so gut wie) keines

buchberg-herbst-und-sonne-0061

ein dionysisches Festspiel

buchberg-herbst-und-sonne-0071

über- und unterirdisch gleichzeitig

buchberg-herbst-und-sonne-008

 Wenn der Herbst wahr ist

buchberg-runde-0881

 wird aus Trauben

buchberg-herbst-und-sonne-011

Wein

buchberg-herbst-und-sonne-012

hängen sich an den Weinstock

herbstgedanken-1

zu den

herbstgedanken-2

andern

herbstgedanken-3

und warten

herbstgedanken-4

Die Augen fallen aus den Höhlen

buchberg-herbst-und-sonne-1

und

buchberg-herbst-und-sonne-2

finden

buchberg-herbst-und-sonne-3

nicht

buchberg-herbst-und-sonne-4

mehr

buchberg-herbst-und-sonne-5

zurück

buchberg-herbst-und-sonne-6

Nah

buchberg-herbst-und-sonne-089

und

buchberg-herbst-und-sonne-090

immer

buchberg-herbst-und-sonne-092

näher

buchberg-herbst-und-sonne-097

In aller Herrgottsfrüh

hinaus

sonnenaufgang-baum-1

und

sonnenaufgang-baum-2

mitten

sonnenaufgang-baum-3

hinein

sonnenaufgang-baum-41

Ein Blick

buchberg-herbst-und-sonne-0222 

traumhafter

buchberg-herbst-und-sonne-055

als

buchberg-herbst-und-sonne-121

 der

buchberg-runde-080

andere.

herbstgedanken-037

 Wie

herbstgedanken-062

soll

buchberg-runde-226

 ich

buchberg-herbst-und-sonne-029

da

herbstgedanken-056

Highlights

buchberg-herbst-und-sonne-006

 setzen

herbstgedanken-153

 ?????????????

Der Herbst ist eine gute Zeit

um die Geborgenheit des Augenblicks zu erkunden, das Hier und Jetzt auszuloten, auszuleuchten wie eine Höhle. Weil der, um den es geht, da ist. Weil Er das Hier und Jetzt ist, frisst. Gäbe es den Tod nicht, gäbe es diese herrlichen Farben nicht, diesen Augenblick.

buchberg-herbst-und-sonne-124

Würde dieses Blatt nicht zu Boden fallen, wovon sollte sich die Erde ernähren?

buchberg-herbst-und-sonne-125

Würde es am Weinstock bleiben, wo wäre im Frühling Platz für ein neues? Würden wir nicht sterben, wo/wie/wovon sollten unsere Kinder leben?