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Hervorgebracht ist auch ein Wort. Auf diesem Fleck Erde wurde ich vor 54 Jahren geboren.

In diesem Ort.

In diesen Bergen.

Kaum vorstellbar: Ich wollte viele Jahre lang mit diesem Fleck nichts zu tun haben, fand ihn hässlich, kalt, tot. Das ist lange her. Trotzdem kaum vorstellbar. Hier werde ich in den nächsten Wochen (versuchen) das Jetzt (zu) erleben.
Soll heißen: rundherum angezuckerte Berge.


Erkenntnis des ersten Tages: Ich habe ein schönes Leben. Ich könnte ruhig und zufrieden sein, könnte ich mich von den Erwartungen, Urteilen der anderen lösen und von meinen eigenen und von meinem Ehrgeiz, der Vorstellung, ich muss doch etwas bewegen, verändern, die Welt umgraben.
Muss ich die Welt umgraben? Wer sagt, dass ich sie so, wie ich bin, nicht umgrabe?
Im Augenblick tut es unendlich gut im Augenblick geborgen zu sein.
Trekkingschuhe, Walkingschuhe, Regenjacke, zwei Wanderhosen, Fliespullover, Baumwolljacke, dicke Unterwäsche, dünne Unterwäsche, Funktions-T-Shirts, Baumwoll-T-Shirts, Wandersocken, andere Socken, Walkingstöcke, Fotoapparat, Netbook, zwei Bücher, ein dünnes, kleines (Wu Wei), ein dickes, großes (Yoga).
Ein paar Wochen Pinzgau. Berge. Gehen. Schwitzen. Ein bisschen Yoga vielleicht. Die Geborgenheit des Augenblicks erkunden. Vielleicht wird dabei mein Hirn, mein Herz, irgendetwas klarer.
Gestern habe ich eine Dokumentation über Roma-Frauen am Straßenstrich in der Schweiz gesehen und mir gedacht: Wozu muss ich nach Namibia? Ist das Elend anders, attraktiver, interessanter, wenn es weit weg ist? In einem Land, das ich noch nicht kenne, auf das ich neugierig bin? Man nicht Prostitution sondern sexwork sagt?
Heute denke ich mir das immer noch und dass ich eine verwöhnte, wehleidige Zicke bin. Wozu muss ich in die Berge? Gehen? Schwitzen? Yoga? Mir über irgendetwas klar werden? Die Geborgenheit des Augenblicks erkunden … Ist das ein Land, das ich noch nicht kenne, auf das ich neugierig bin?
Ich bin mir nicht sicher. Muss ich mich in Grund und Boden für mich schämen? Es gibt so viel zu tun. Hier. Jetzt. Vor der Haustür. In diesem Augenblick, in jedem, der noch kommt. Das ist glasklar. Klarer geht es nicht.
Trotzdem. Ich fahre jetzt.
Im Hier und Jetzt, im Augenblick und seiner Geborgenheit leben.
Das Buch, das zu diesem Satz gehört - WU WEI Die Lebenskunst des Tao, Theo Fischer, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbeck bei Hamburg, Juni 1992, Neuausgabe Mai 2001, ISBN 3 499 26319 X - begleitet mich schon eine ganze Weile. Es spricht eine Art zu leben an, die meine ist, auch wenn ich so weit davon entfernt bin wie vom Mond.
Anfang 2002 habe ich angefangen es zu lesen und sofort einen Feldversuch gestartet (soll heißen: ich habe versucht die Empfehlungen, die der Autor darin gibt, in meinem Alltag umzusetzen). Der Versuch hat drei Tage gedauert. (Wer will, kann ihn/sie in meinem Roman Grenzenlos nachlesen.) Dann habe ich das Buch weggelegt.
Wenn man lebt, wie ich damals gelebt habe, in diesem Netz der von der Wiege bis zum Grab organisierten Abläufe und Sicherheiten, in dem man sich so gut wie nie ohne „war“ und „wird“ im Hier und Jetzt aufhält, ist es faktisch nicht möglich die in diesem Buch beschriebene Art zu leben umzusetzen ohne innerlich und äußerlich in erhebliche Bedrängnis zu kommen.
Jetzt nehme ich das Buch wieder zur Hand. Vielleicht lese ich es diesmal zu Ende, starte einen zweiten Versuch. Die Betonung liegt auf Versuch.
Ich lebe jetzt zwar nicht mehr in diesem Netz der organisierten Abläufe und Sicherheiten, ich lebe aber immer noch innerhalb der überlieferten Traditionen, Wertvorstellungen, Denkmuster, unter der Herrschaft meines Verstandes, Ehrgeizes, einer enormen Unruhe und eingebettet und/oder gefangen in jede/r Menge Gewohnheiten und das alles seit 54 Jahren.
Die Lebenskunst des Tao ist das Einfachste vom Einfachen. Sie steht im Gegensatz zu allem, was ich gelernt und was man mir als wichtig und wertvoll eingetrichtert hat.
Wie wär’s damit?
Hänge nicht der Vergangenheit nach,
verliere dich nicht in der Zukunft.
Das Leben ist hier und jetzt.
Buddha
Zu einfach? Schon einmal probiert? Die Geborgenheit des Augenblicks.
Eine Persönlichkeit. Kein Jahr, das man als erledigt abhaken könnte, wenn es vorbei ist.
Wäre das Jahr 2010 ein Mensch und müsste es sich unsere Etikettierungen gefallen lassen, würde ihm das Pickerl “Extremist” nicht erspart bleiben, möglicherweise nicht einmal das “Terrorist”. Und das, was heuer passiert, erinnert ja wirklich ein bisschen an nine-eleven. Dieses Jahr packt uns von allen Seiten gleichzeitig. Es bringt nicht nur Häusermeere zum Einstürzen und schwemmt Millionen Existenzen vor das Nichts, es erschüttert die Grundfesten unserer fetten Eitelkeiten, den Glauben, dass wir die Erde oder zumindest irgendetwas im Griff haben, beutelt das Krönlein der Schöpfung, bis alle Steine grün sind.
Das Jahr 2010 hat eine Qualität (mitgebracht), die ich nicht benennen kann. Ich spüre sie nur. Seit dem ersten Tag dieses Jahres. Habe ich sie in den ersten Wochen, Monaten als schwer wie ein Sandsack empfunden, gewaltig, ungeheuer anstrengend, beklemmend auch, 100% fordernd, wie ein Bergmassiv, das bei der Tür hereinkommt, empfinde ich das Gewicht ihrer Masse jetzt allmählich als Kraft, das „gewaltig“ als groß, das „anstrengend“ nicht mehr als so übermäßig, das „beklemmend“ nur mehr manchmal, das „fordernd“ als Chance, das Bergmassiv als … Etwas muss offen bleiben wie die Tür.
2010 ist ein ErdbebenWirbelsturmSintflutJahr. Ein EinZusammenAufUmBruchJahr. Haiti. Pakistan. Waldbrände. Ölquellen. Überflutungen. Außen. Innen. Irgendetwas explodiert, geht über, tritt zu Tage, reißt dabei das Rundherum in Stücke, die Dächer über den Köpfen ein, den Boden unter den Füßen weg, schmeißt die Fensterscheiben beim Fenster hinaus auf die Straße und schwemmt die Straße weg. 2010 ist ein ausuferndes, Grenzen ohne Grenzen überschreitendes Jahr, heuer fallen viele Mauern, wird vieles obdachlos, auch vieles frei. Loslassen. Ich glaube, wir müssen aufhören zu leben, wie wir leben.
Was immer ich in Angriff nehme, löst sich in Luft auf. Egal, welchen Hafen ich als mein nächstes Ziel ansteuere, sobald ich die Taue in die Hand nehme um an Land zu springen und das Schiff festzumachen, zerplatzt die Kaimauer vor meinen Augen wie ein buntes Seifenbläschen. Das geht schon das ganze heurige Jahr so.
Die erste Kaimauer, die verschwunden ist, war der Verleger, auf dessen Zusage ich mich in meiner Naivität verlassen hatte (Artikel WARUM), die nächste war das Straßenkinder-Projekt in Rumänien (Concordia-Artikel beginnend mit Muttertag und Straßenkinder), Namibia verschwindet jetzt auch von der Bildfläche (StandTogether-Artikel beginnend mit Ein Anruf: “Hätten Sie Interesse nach Namibia zu fliegen?”) …
Was ich angreife, wird mir aus der Hand genommen. Bevor ich meinen Fuß auf das Stück Boden setzen kann, das ich als Zielort meines nächsten Schrittes gesehen habe, ist es nicht mehr da. Wie ein Acker, der umgepflügt wird. Nur. Ich bin es nicht, der den Pflug in der Hand hält. Und mir gehen langsam die Ideen aus, wo ich meinen Fuß als Nächstes hinsetzen soll.
Ich glaube, ich werde eine Weile stillstehen und schauen, warten, was passiert.
als Dach über dem Kopf so vieler. Wäre heute 100 Jahre alt. Mutter Teresa.
Hättest du dir bei Lebzeiten gedacht, dass die Welt einmal in deinen Tagebuchnotizen und Briefen herumstieren wird? Deine innersten Nöte und Zerrissenheiten als Bücher verkaufen wird, Filme? Sätze wie “In meinem Innern ist es eiskalt.” jeder im Internet nachlesen kann? Persönlichkeits- und Menschenrechte dürften nicht mit dem Tod enden. Ein Mindestmaß an Privatsphäre müsste gewahrt bleiben.
Trotzdem. Ich mag deine Gedanken. Sie sind wie Brücken. Seit ich ein paar von ihnen kenne, bist du bei mir angekommen. Vorher warst du nur Mutter Teresa.
Wenn man alles gibt, was soll man noch in sich haben außer Leere? Wäre dem nicht so, hätte man nicht alles gegeben.
Pater Hermann Klein-Hitpaß denkt (zumindest am Briefpapier) laut darüber nach das Projekt STAND TOGETHER zu beenden, weil er zu wenig finanzielle Unterstützung bekommt um es sinnvoll am Leben zu erhalten. Und mit der Unterkunft für mich gibt es offenbar auch Probleme.
Das heißt: Ich werde wahrscheinlich nicht nach Windhoek fliegen.
mit rechtlichen Graubereichen, schwammigen Ermessensspielräumen, dunklen Kuschelecken, Schlupflöchern und verstaubten Formulierungen wie “Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.” Mit diesem Satz aus den 70er-Jahren beginnen vier der neun Sozialhilfegesetze in Österreich. Trotzdem gibt es neun verschiedene Gesetze, in jedem Bundesland ein anderes, neun verschiedene ‚menschenwürdig’ auf einer Fläche von 83.871 km2.
An den neun verschiedenen Gesetzen für ein und dasselbe wird sich auch mit der Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ab 1. September nichts ändern. Es kommt sogar noch eine zehnte Rechtsgrundlage dazu: ein Gliedstaatsvertrag zwischen Bund und Ländern, in dem diese zehn Vertragsparteien “auf Grundlage der bundesstaatlichen Struktur” übereinkommen bundesweit einheitliche Mindeststandards zur verstärkten Bekämpfung und Vermeidung von Armut und sozialer Ausschließung zu schaffen. Aber der diffuse Begriff ‚menschenwürdig’ wird in diesem 9+1 Regelwerk nicht mehr vorkommen.
Dafür wird es glasklar definierte Mindeststandards geben, neunmal die gleichen, weil bundesweit einheitlich. Sie sollen die Talsohle und werden vermutlich auch der Bergrücken sein, weil sie den einzelnen Ländern die Verpflichtung nehmen sich mit diesem merkwürdigen ‚menschenwürdig’ auseinanderzusetzen, weil sie das neue gerade-noch-aber-doch ‚menschenwürdig’ sind, sprich: Weniger bzw. niedrigere Leistungen dürfen die Länder zwar nicht mehr vorsehen, mehr bzw. höhere brauchen sie aber auch nicht vorzusehen. Sie können mehr ‚gewähren’, wenn sie wollen. Wenn sie nicht wollen, liegt das ‚menschenwürdig’ künftig bundesweit einheitlich glasklar unter der Armutsgefährdungsschwelle. Diese Schwelle liegt laut Sozialbericht 2007-2008 (das ist der dzt. aktuellste) bei rund 900 Euro, während sich die Höhe der Leistung aus der Bedarfsorientierten Mindestsicherung am Netto-Ausgleichszulagenrichtsatz in der Pensionsversicherung orientiert, der 2010 für eine alleinstehende Person 744 Euro pro Monat beträgt und von dem, so glaube ich, noch ein Betrag für die Krankenversicherung abgezogen wird.
Trotzdem. Gut möglich, dass nicht mehr mehr drinnen ist. Die wunderbare Brot- und Fischvermehrung liegt 2000 Jahre zurück und die Zahl der Menschen, die auf staatliche Hilfe zurückgreifen, ist am Explodieren …
Was mir viel weniger behagt: Waren die jetzigen Gesetze schmuddelige Zimmer, sind die künftigen sterile Operationsräume. Die Hilfe suchenden Personen (so der Terminus für die Anspruchsberechtigten im Entwurf “Wiener Mindestsicherungsgesetz - WMG”) werden entkleidet, mitsamt ihrem Umfeld (sprich: ihnen gegenüber unterhaltspflichtigen und – berechtigten Personen sowie mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Ehegatten, eingetragenen Partnern, Lebensgefährten) von allen Seiten durchleuchtet und durchsichtig wie Quellwasser während des gesamten Bezugszeitraumes einer einzigen Behandlung zugeführt: Sie müssen funktionieren. Und wer sich in dem Netz aus Antrags-, Anzeige-, Vorlage-, Melde-, Mitteilungs-, Mitwirkungs-, Um/Schulungs- und Anspruchsverfolgungspflichten verheddert, den Fuß oder das Genick bricht, ist selber schuld, zu dumm, zu faul, zu wenig beweglich, integrationsbereit. Es ist ausschließlich das Problem der Hilfesuchenden, wenn sie in der verwinkelten Welt der Fristenläufe, Mängelbehebungsaufträge, unmöglichen Verzichte, möglichen ausdrücklichen und „gilt als“ Zurückziehungen trotz Belehrung durch die Behörde das Gleichgewicht und die Orientierung verlieren, weil ihnen diese Welt fremd ist wie der Regenwald, unheimlich, sie mehr ausschließt als eingliedert, an ihnen und ihren Problemen und Bedürfnissen vorbeigeht wie die Politik, die nicht einmal in Zeiten wie diesen bereit ist auf die Sandkistenspiele der 9+1 Gesetze für ein und dasselbe zu verzichten und die längst fällige Verfassungs- und Verwaltungsreform endlich anzugehen, für die es das Normalste vom Normalen ist, dass in einem kleinen Mitgliedsstaat der Europäischen Union von zehn aufgeblasenen Verwaltungsapparaten zehn Rechtsgrundlagen für ein und dasselbe produziert werden, in zehn Gesetzgebungsverfahren neun Landesregierungen, die Bundesregierung, neun Landtage, der Nationalrat, Bundesrat, dreimal so viele Ausschüsse, Unterausschüsse, Expertengruppen und wahrscheinlich mehrere hundert Interessensvertretungen befasst werden und die dann auch noch den Mut hat sich das Ergebnis dieser ungeheuren Energie- und Steuergeldvernichtung als „echten sozialpolitischen Fortschritt“ (kann man heute auf der Website des bmask lesen) auf die (jeweiligen) Fahnen zu schreiben.
Wirklich ein Meilenstein. Eine herausragende Leistung Österreichs im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung.
Seit ich mich mit dem Thema Obdachlosigkeit und Notschlafstellen beschäftige, steht der Begriff VinziPort im Raum und der ist untrennbar verbunden mit dem Namen Pfarrer Wolfgang Pucher.
“Ein Hafen zum Anlaufen für obdachlose EU-Ausländer in Wien” soll es werden, lese ich Mitte 2009 in einer Ausgabe der Zeitschrift Armendienst (Herausgeber Vinzenzgemeinschaft Eggenberg in Graz) und frage mich (wie wahrscheinlich viele andere auch), warum EU-Ausländer größere Probleme haben ein Bett für die Nacht zu bekommen als andere. Es hat eine Weile gebraucht, bis ich soweit in den Dschungel Sozialhilfe - Asylrecht/Grundsicherung - Ausländerbeschäftigungsgesetz - Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) - Fremdenpolizeigesetz (FPG) vorgedrungen war, dass ich mir diese Frage notdürftig beantworten konnte.
EWR-Bürger, die nach Österreich kommen, fallen nicht in den Topf “Grundsicherung” (wie Asylwerber) und haben in der Regel auch keinen Anspruch auf existenzsichernde Unterstützungsleistungen aus dem Titel “Sozialhilfe”, wenn sie in eine Notlage hineinrutschen. Daran wird sich auch durch die Einführung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht viel ändern, da man auf diese Mindestsicherung nur dann einen Anspruch hat, wenn man zu einem dauernden Aufenthalt im Inland berechtigt ist und sich EWR-Bürger nach den geltenden Bestimmungen des NAG nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen länger als drei Monate in Österreich aufhalten dürfen (etwa, wenn sie einen Job haben oder nachweisen, dass sie über ausreichende finanzielle Mittel und Krankenversicherungsschutz verfügen oder eine Berufsausbildung absolvieren und selbst finanzieren oder unter detailliertest geregelten Voraussetzungen arbeitslos oder vorübergehend arbeitsunfähig sind). Erfüllen sie diese Voraussetzungen nicht mehr, besteht auch kein Aufenthaltsrecht mehr und sie können nach § 86 FPG ausgewiesen werden.
Viele bleiben trotzdem, weil sie entweder in ihrer Heimat auch auf der Straße sitzen würden (sprich: keine Arbeit und keine finanzielle Unterstützung bekommen könnten) und es daher hier in Österreich weiter versuchen wollen oder weil sie schon so lange hier sind, dass sie außerhalb von Österreich nirgendwo mehr zuhause sind. Betteln. Fallen zwischen allen Stühlen durch. Jahrelang. Jahrzehntelang. Für Menschen wie diese wäre der VinziPort als Notschlafstelle gedacht. Menschen würden in dieser Einrichtung (auf freiwilliger Basis und mit viel Freude und Einsatz) Menschen in Not helfen. Es würde kein Cent Steuergeld dafür verwendet werden.
In der letzten Ausgabe der Zeitschrift Armendienst lese ich wieder den Begriff VinziPort und das Wort “bald” und ich denke an die Ankündigung der Innenministerin vor ein paar Wochen in Zukunft auch gegen die “illegalen EU-Ausländer” mit aller Strenge vorzugehen und in diesem Zusammenhang vor allem die privaten Notschlafstellen ins Visier zu nehmen und kontrollieren zu lassen.
Es wird immer kälter in Österreich. Sauberer. Wir brauchen diesen VinziPort ganz dringend!
2006 - 9.10.
2007 - 6.10.
2008 - 23.9.
2009 - 25.9.
2010 - 21.8.
Was das ist? In Google “Welterschöpfungstag” eingeben und lesen, lesen, lesen.
Kann die Welt in Konkurs gehen?
Eine ganze Liste hat er mir zusammengestellt, mein allerliebster Mann:
empfielt - empfiehlt
stielt - stiehlt
darüberhinaus - darüber hinaus
zur Zeit – zurzeit 3 x!!
Diszanz - Distanz
Hautptstraße - Hauptstraße
vor den Kinder - vor den Kindern
wäscht - wäschst
Programmes – Programms
Sozialmininster – Sozialminister
February! – nicht Februar
July 19h – nicht Juli 19h
“Warum lässt du nicht das Rechtschreibprogramm über den Text laufen, bevor du ihn ins Internet stellst?”
1) bin ich positiv überrascht, dass es so wenige sind und (zumindest in dieser Liste) keine Todsünde dabei ist.
2) ist es mir nicht wichtig, ob nach dem langen i auch noch ein h steht oder nicht, ob ich hin und wieder einen Buchstaben vergesse oder mir einer zuviel hineinrutscht.
3) weigere ich mich „zurzeit“ zu schreiben.
4) kann ich für die Wordpress-Schreibweise des jeweiligen Datums nichts.
5) wird mir die Rechtschreibung umso unwichtiger, je wichtiger mir die Rechtlebung wird.
Mein Dasein wird mit jedem Tag einfacher, karger, die Schminke dünner. Ob ich will oder nicht. Spätestens in zehn Jahren bin ich leicht wie eine Feder. Auch das Schreiben wird irgendwann aus meinem Reisegepäck verschwinden. Es ist eines der letzten Luxusgüter, die ich noch mit mir trage. Und wenn ich achtzig bin, ist das Wort Dasein hoffentlich schon auseinandergefallen (oder heißt es auseinander gefallen?) in da sein.
Trotzdem danke.
Ich glaube nicht an einen Gott und Teufel. Nicht außerhalb von uns. Ich glaube nicht an den Himmel und die Hölle außerhalb von uns. Ich glaube nicht an den Jüngsten Tag, die Auferstehung von den Toten, das Jüngste Gericht, den gedeckten Tisch für die Braven im Himmel und das Höllen- und Fegefeuer für den unbegnadigten verdammten Rest. Und nicht nur, dass ich das nicht glaube, in meinen Augen ist es ein Verbrechen ”Gott” auf etwas derart narzisstisch Winziges dezimieren zu wollen, ein glatter (wenn auch untauglicher) Mordversuch ihn aus allem herauszuklauben und als hochhaushohe Licht- und unfassbare Vatergestalt in irgendeinen Himmel zu verbannen, den Menschen von ihm abzutrennen und auf und unter der Erde festzunageln, eine mutterlose Missgeburt, sein unwürdiger Diener, der ihm die Füße waschen und ölen darf, ihm aber niemals das Wasser reichen kann oder als seinesgleichen in die Augen schauen muss, während er sich im Keller am Spieß über dem Feuer dreht.
Ich glaube Jesus. Dass er mein Bruder ist. Dass mir “Gott” in den Knochen sitzt, wie jedem andern auch bei den Augen, Ohren herauskommt, ich ihn esse, scheiße, mir ums Maul, in die Haare schmiere … mir gar nichts anderes übrigbleibt als über mich hinauszuwachsen, weil ich mein Vater bin, sein Kind, m/s/ein Verräter, Richter, Peiniger, Vollstrecker, alles.
Könnte ein Kirchenmann mit so einer etwas anfangen?
Diese Frage trifft den Punkt so wenig wie die Frage, ob ich über einen Kirchenmann ein Buch schreiben kann. Pater Hermann Klein-Hitpaß ist Pater Hermann Klein-Hitpaß.
Und wer ist Pater Hermann Klein-Hitpaß?
Ich zitiere einen Absatz aus einer Bilddokumentation von Christian Bobst mit dem Titel PROJEKT “STAND TOGETHER”, Copyright 2009
“Father Hermann Klein-Hitpass hat in Katatura eine Tagesstätte eingerichtet, um Frauen und Kindern einen Ausweg aus der Armutsprostitution zu ermöglichen. Das Haus ist von der katholischen Kirche finanziert, obwohl Prostitution für diese ein Tabu ist. Anfangs hatte die Kirche Hermann verboten, mit den Mädchen auf der Strasse zu arbeiten. Darauf brachte der Pfarrer die notleidenden Prostituierten vorübergehend in der Kathedrale in Windhoek unter, in der er als Priester tätig war. Später organisierte er Demonstrationen gegen teure Bauprojekte der Kirche. Ein hoher Polizeifunktionär, welcher aufräumen sollte, wurde von den Frauen als Freier identifiziert und verzog sich schnell wieder. Schliesslich kaufte die Kirche für den widerspenstigen Pfarrer ein Haus. So waren beide am Ziel: Die Kirche hatte keine Prostituierten mehr in der Kathedrale und Father Hermann einen Ort, wo er in Ruhe mit den Frauen und Kindern arbeiten konnte.”
Soziales Projekt + Buch + Afrika + Pfarrer/Sexworker/Aids - da müsste es doch Geldquellen geben.
Die Institution KIRCHE und alles, was damit zusammenhängt, scheidet für mich zum Anboren aus - dazu bin ich viel zu kirchenkritisch (um nicht zu sagen -allergisch). Außerdem: Würde die Kirche Pater Hermann Klein-Hitpaß wirklich helfen wollen, könnte sie das seit 1995 (seit es das Projekt STAND TOGETHER gibt) und niemand bräuchte an einen Schreiberling wie mich heranzutreten.
Bettelaktionen bei FIRMEN und PRIVATEN liegen mir nicht, möchte ich nicht machen.
ÖFFENTLICHE STELLEN - Stipendien - einen Versuch wert.
a) Land Niederösterreich: Was sehe ich auf der Homepage? Auslandskultur - Stipendien
Der zuständige Herr am Telefon sehr freundlich, interessiert. “Das klingt nach einem spannenden Sonderfall.” Aber: Er ist nicht zuständig. Der Begriff Auslandskultur auf der Homepage (”ist irreführend, ich weiß”) bezieht sich nur auf die Donauländer. Aber (er ist wirklich sehr nett): “Schicken Sie mir ein Mail mit allen Informationen, die Sie haben. Vielleicht finde ich jemanden.” Das war am 30. Juli.
b) Bund:
aa) Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur; Abt. V/5 - Literatur, Verlagswesen
Der zuständige Herr am Telefon sehr kompetent, bemüht, freundlich, interessiert. Aber: Für ein Literatur/Reisestipendium müsste ich ein Projekt einreichen, das auch eine Leseprobe des Manuskriptes beeinhaltet, an dem ich während des Auslandsaufenthaltes arbeiten möchte. Die eingereichten Projekte werden einem Literaturbeirat vorgelegt, maximal 8 Wochen dauert die Beurteilung, ob ja oder nein. Wie soll ich eine Leseprobe von etwas vorlegen, das ich erst auf Grundlage meines Auslandsaufenthaltes schreiben kann??? Sein Rat: “Wenden Sie sich ans Außenministerium. Die können Ihnen sicher helfen.”
bb) Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten; Abt. V.1 - Koordination, Planung, Finanzierung von Evaluierung der Auslandskultur
Die Dame am Telefon sehr freundlich, interessiert, bemüht: “Schreiben Sie dem Gesandten gleich ein Mail, schnell, er ist ab nächste Woche im Urlaub.” Ich schreibe ein Mail, bekomme am gleichen Tag Antwort: “Herzlichen Dank für die Info. Ich bemühe mich um interne Unterstützung und melde mich noch vor meiner Abreise.” Das war am 4. August.
Trotzdem. Ich mag das. Es ist spannend. Und vielleicht braucht gut Ding einfach eine Weile.
“Weißt du, wie viele Hilfsprojekte es in Afrika gibt???” Eine Freundin, mit der ich gerade telefoniert habe …
Trotzdem. MARKETING wäre das Zauberwort. Wie überall.
Und wenn es ums Geld geht … und dann auch noch August ist, sprich: Urlaubszeit …
Aber ich habe es nicht eilig. Seit ich aus Bukarest zurück bin, habe ich es nicht mehr eilig.
Wer in Zukunft etwas von mir will, wird sich darum kümmern müssen, dass ich es tun kann. Oder es wird nicht geschehen. (Etwa, dass ich nach Namibia fliege …) So einfach ist das.
Fünf Jahre habe ich für diese 1+1=2 Lektion gebraucht. Erstaunlich eigentlich.
Was bewegt einen Menschen dazu sich und seine Dienste, Fähigkeiten der Welt nachzutragen, unentgeltlich, versteht sich und wenn das auch noch zu wenig ist, noch das eigene Geld draufzulegen? Egal. Es tut mir nicht leid, dass ich es gemacht habe. Für mich war es wichtig: JA sagen. 150% JA. Auch wenn das an Idiotie grenzt.
Ab jetzt heißt es 100% JA. Das genügt völlig für (m)ein erfülltes Leben. Das steht für 1+. Das zweite 1 muss von anderswoher kommen, sonst kann am Ende nie 2 stehen. Es muss/kann/darf nicht nur eine für beide Seiten handeln. So einfach …
Wie viele von uns stellen dir diese Frage heute?
WAS BRAUCHE ICH (für ein paar Monate Namibia/Windhoek) und WAS KOSTET DAS?
www.bmeia.gv.at
www.namibia-tourism.com
www.reisemed.at
Bis 3 Monate kein Visum, aber der Reisepass muss bei der Ausreise noch mindestens 6 Monate gültig sein. Das heißt: Würde ich fahren, wäre meine Reisedauer damit vorgegeben. 3 Monate. Und würde ich heuer noch fahren, müsste ich mich sofort um meinen Pass kümmern (läuft aus).
Wann 3 Monate? Nicht in der heißesten Zeit. Daher entweder gleich = September - Anfang Dezember (Ende Winter/Frühling) oder nächstes Jahr ab Mai (Herbst/Winter).
WAS WÜRDE DAS KOSTEN?
Wohnen und Verpflegung: würde mir drüben zur Verfügung gestellt.
Flug, Reiseversicherung, Impfungen: Wer diese Kosten trägt, wurde noch nicht besprochen.
Meine Recherchen + meine Entscheidung + meine Frage (per Mail):
Flug: Air-Berlin Wien-München-Windhoek und zurück 800 - 1000 Euro, wenn sechs Wochen vorher gebucht wird.
Reise(einschließlich Kranken)versicherung: weltweit für 3 Monate ca. 200 Euro
Impfungen: Das Zentrum für Reisemedizin in Wien empfielt in meinem Fall:
a) ein Basisschutzprogramm Diphterie/Tetanus/Polio/Hep.A,B/Typhus: falls ich überall (nur) eine Auffrischung brauche, 111 Euro
b) Cholera (70 Euro) und Tollwut (207 Euro)
plus pro Ordination 9,50 Euro
insgesamt daher etwa 400 Euro!
Die MA 15 - Impfstelle macht es billiger, habe ich mir sagen lassen. Aber selbst, wenn die Impfungen billiger sein sollten, nur die Hälfte kosten sollten - Wer soll das alles bezahlen?
Wenn ich ja sage, stelle ich mich und meine Zeit zur Verfügung. Ich trage aber nicht auch die Kosten. Diesen Luxus kann ich mir beim allerbesten Willen nicht leisten.
Daher meine Frage, bevor ich irgendetwas weiter recherchiere oder überlege:
Soll ich noch weiter überlegen oder brechen wir hier ab?
Windhoek. Slum. Sex-Arbeiterinnen. Frauen, die sich verkaufen, weil es keine andere Arbeit für sie gibt, um sich und ihre Kinder zu ernähren. Aids. Auch Tuberkulose. Pater Hermann Klein-Hitpaß. Angehöriger des Ordens der Oblaten. Er lebt in diesem Slum und betreut diese Frauen in einem Tageszentrum. Er macht das seit 1995. Allein. Er ist mittlerweile über 70 Jahre alt und zuckerkrank. Sein Projekt: STAND TOGETHER. Eines seiner vielen Probleme: Wenig Spendengelder und Unterstützung von außen, weil das Projekt wenig bekannt ist. Der Grund: Prostitution ist verboten und die Frauen möchten daher nicht fotografiert werden und in keinen Informationsunterlagen vorkommen. Sie haben Angst, dass man ihnen sonst das Wenige, das sie haben, auch noch wegnimmt.
“Hätten Sie Interesse ein Buch über ihn zu schreiben? Als Titel würde sich anbieten: HEILIGER ODER NARR”
23. Juni: Ich rufe in der Concordia-Zentrale an. Ich will mit Pater Sporschill sprechen. Mir wird gesagt, er wird frühestens im September nach Wien kommen. Ich bitte um seine Telefonnummer. Seine Telefonnummer könne man mir nicht geben, wird mir gesagt, aber man wird ihm ausrichten, dass ich um einen Anruf gebeten habe und er wird mich verlässlich zurückrufen. Heute ist der 14. Juli …
1. Juli: Ich urgiere die Antwort auf mein Mail vom 22. Juni bei Ruth Zenkert. Am gleichen Tag bekomme ich ein Mail von Concordia. Ruth Zenkert lässt sich entschuldigen, sie habe eine kleinere Augenoperation hinter sich und müsse sich erholen, sie lässt mir ausrichten, dass die Argumentation von Fabian Robu zutreffe, das Sommerprogramm sei bereits geplant und daher eine kurzfristige Reise nicht möglich. Aber im Herbst würden die Jugendlichen zu einem Benefizkonzert nach Wien kommen und in diesem Rahmen würde es sicher möglich sein, Zeit mit ihnen zu verbringen.
In der Zwischenzeit Nachrichten aus Rumänien: Georgeta hat mich und meine Einladung vergessen. Sie lacht Florin sogar aus, bezeichnet ihn als naiv, weil er glaubt, sie könnten nach Wien kommen. Florin möchte unbedingt kommen.
6. Juli: Meine Frage an Concordia: Wann ist dieses Benefizkonzert?
8. Juli die Antwort: Irgendwann im Oktober.
9. Juli: Neuerliches Mail an Ruth Zenkert: Ist es möglich, dass Florin im Anschluss an dieses Benefizkonzert noch eine Woche bei mir bleibt? Da das Oktober-Programm ganz offensichtlich noch nicht feststeht (da auch der genaue Termin des Konzertes noch nicht feststeht), lässt sich diese eine Woche doch sicher in das Programm von Florin noch einbauen.
12. Juli: Die Antwort von Concordia:
Liebe Frau Laufer,
Ruth Zenkert bat mich zu antworten, dass das Programm im Herbst festgelegt wird und einzelne Reisen darüberhinaus nicht geplant sind. Das Programm erarbeiten unsere Erzieher. Wir tun sehr viel für unsere Schützlinge, damit sie ein ausgewogenes Lern-, Arbeits- und Freizeitprogramm haben. Beatbox hat so viele Möglichkeiten bei uns, dass wir keine zusätzlichen Fahrten für ihn planen.
Mit der Bitte um Ihr Verständnis, dass dies nicht möglich sein wird verbleibe ich
Ich habe ein Antwortmail vorbereitet, es aber nicht abgeschickt. Wozu? Außerdem wird dieses Blog ohnehin von Concordia- Mitarbeitern gelesen, also kann ich es gleichgut hierher stellen:
Die Organisation Concordia tut sehr viel für ihre Schützlinge. Gar keine Frage. Trotzdem. Diese eine Woche Wien, die ich Florin geschenkt habe, wäre für diesen jungen überdurchschnittlich musikbegeisterten Menschen mit Sicherheit eine großartige Erfahrung gewesen (und ich habe vorgehabt viel mit ihm in diese Richtung zu unternehmen). Er hat dieses Geschenk von mir mit großer Freude angenommen. Warum darf ein junger volljähriger Mensch (vielleicht bin ich falsch informiert, aber so viel ich weiß, ist Florin volljährig) ein so harmloses und für ihn wahrscheinlich wertvolles Geschenk nicht konsumieren? Noch dazu, wenn er ohnehin nach Wien kommt und es nur mehr darum geht, ob er eine Woche länger hier bleiben darf. Es geht nicht mehr um eine außerprogrammmäßige Reise, nicht einmal um eine zusätzliche Fahrt, die geplant werden müsste.
Ich erwarte keine Antwort.
Wäre das Ganze ein Film, würde jetzt die Einblendung kommen:
ENDE
Morgen vor einem Monat habe ich mich ins Flugzeug gesetzt …
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in Notschlafstellen mitarbeiten, Erfahrungen, Gedanken, Fragen in dieses Blog werfen wie gewürfeltes Gemüse in einen 10 Liter-Topf (so groß sind die Töpfe für die Eintöpfe dort), dem Wort obdachlos nachgehen, aus den Notschlafstellen hinaus, das Etikett „wohnungslose Menschen“ herunterkratzen von diesem Begriff, der so riesig wie die Straße lang ist und so viele Gesichter hat wie sie, das eine oder andere entdecken, in dieses Blog werfen wie Gemüsewürfel, auf der Straße gibt es keine Topf- und keine Buchdeckel, sie ist endlos wie der Himmel, also stirbt auch die Hoffnung nie
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